Deuten längere Beschreibungen auf ein erhöhtes Kreditausfallrisiko hin?

Zumindest für die amerikanische P2P Kreditbörse Lendingclub* gibt es diesen Zusammenhang. Thomas Meyer, Deutsche Bank Research hat bei einer statistischen Analyse der Lendingclub Kredite festgestellt, dass Kredite mit einer längeren Beschreibung zwar eine höhere Finanzierungschance haben, aber auch ein höheres Ausfallrisiko.

Die Gründe dafür sieht er – für mich nachvollziehbar – darin, dass Kreditnehmer mit schlechter Bonität längere Erläuterungen brauchen um ihre finanziell schlechteren bzw. komplizierteren Historie zu erklären. Die langen Beschreibungen ermutigen mehr Anleger zu investieren mindern aber nicht das aufgrund des komplexen Hintergrundes gegebene erhöhte Risiko.

Bei Smava* spielen Beschreibungen von Verwendungszwecken derzeit de facto fast keine Rolle für die Finanzierungswahrscheinlichkeit. Die Anlegernachfrage ist so viel größer als die Kreditnachfrage, dass selbst Kredite mit mageren Renditeaussichten derzeit sehr schnell finanziert werden.

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Wie wichtig ist der Verwendungszweck bei der Geldanlage in Privatkredite?

Der vom Kreditnehmer optional angegebene Verwendungszweck wird weder bei Smava* noch bei Auxmoney* von der Kreditbörse geprüft. Die dazu gemachten Angaben sind auch für den Kreditnehmer nicht bindend. Er kann also ohne Folgen schreiben er brauche das Geld für eine Renovierung und dann stattdessen damit in Urlaub fahren.

Daher hatte ich empfohlen, den Verwendungszweck nicht als positives Entscheidungsmerkmal für den Invest in einem Kredit, sondern nur als negatives Entscheidungskriterium gegen einen Kredit der sonst von den Parametern gut aussieht, zu verwenden. Oder zumindest bei Angaben die  unplausibel erscheinen, beim Kreditnehmer Fragen zu stellen.

Der amerikanische Kreditmarktplatz Lending Club hat jetzt Auswertungen zu Ausfallraten nach Verwendungszweck veröffentlicht, die auf den Daten der letzten 2 Jahren basieren.

Hier sieht man, dass das Ausfallrisiko bei Lendingclub Krediten für Urlaub, Heirat, Kreditkartenumschuldung mit 2% noch nicht einmal halb so hoch war, wie bei Krediten zur Hausfinanzierung, Ausbildung oder für geschäftliche Zwecke.

Dies ist interessant da auch bei Lending Club der angegebene Verwendungszweck nicht überprüft wird.

Welche Rückschlüsse kann man daraus ziehen?

Meiner Meinung nach folgende:

  1. Auch wenn die Angaben zum Verwendungszweck freiwillig und nicht überprüft sind, ist anzunehmen, dass die Mehrheit der Kreditnehmer grundsätzlich korrekte den Hauptzweck korrekt angibt, und nur ggf. Einzelheiten schönt. Das zeigt sich daran, dass auch sehr negative Verwendungszwecke veröffentlicht werden – ich habe z.B. schon Tilgung von Spielschulden u. ä. gesehen
  2. Sind die oben genannten Kategorien auf Deutschland übertragbar?
    Nein vermutlich nicht, z.B. Kreditkartenumschuldungen spielen in Deutschland eine untergeordnete Rolle. Wichtiger ist, ob zu vermuten ist, dass auch bei Smava und Auxmoney die Ausfallrisiken bei unterschiedlichen Verwendungszwecken differieren. Das ist vermutlich zu bejahen, auch wenn es noch zu wenig Daten gibt für statistisch abgesicherte Aussagen.

Bei Wiseclerk.com gibt es für Auxmoney Kredite eine Analyse ‚Kredit-Status nach Stichwort‚. Auch wenn die Datenbasis noch viel zu gering ist um längerfristige Schlüsse zu ziehen, hier einige interessante Zahlen daraus:

Von den finanzierten Krediten die in Verwendungszweck oder Finanzbericht, das Wort (oder den Wortbestandteil)

  • ‚dispo‘ enthalten sind 98% im Plan (nach Volumen), der Rest in Verzug oder Inkasso
  • ‚firma‘ enthalten sind 95% im Plan
  • ‚Hilfe‘ enthalten sind 88% im Plan
  • ‚alleinerziehend‘ enthalten sind 69% im Plan
  • ‚Schulden‘ enthalten sind 91% im Plan oder getilgt

Der Durchschnittswert dürfte bei ca 94% im Plan liegen. Das ist das Auswertungsergebnis für das Wort ‚Kredit‘, dass in nahezu jeder Beschreibung enthalten sein dürfte.

Frage an die Auxmoney Anleger: Wie berücksichtigen Sie den Verwendungszweck bei der Entscheidung über Ihren Invest? Teilen Sie Ihre Strategie im Auxmoney Forum von P2P-Kredite.com mit.

Gemeinsamkeiten der Problem-Kredite bei Smava

Bei Smava.de* sind bisher nur 8 von gut 450 Krediten ausgefallen. Weitere 9 sind aktuell in Verzug. Jeder der Anleger bei diesen Krediten wünscht sich natürlich im Nachhinein, er hätte nicht in diesen Kredit, sondern in andere investiert.

Die Kernfrage ist daher, gibt es Gemeinsamkeiten, die als Indikator für ein erhöhtes Risiko gewertet werden können?

Wenn ich mir die bei Wiseclerk gemeldeten Zahlungsausfälle und Zahlungsverzüge (derzeit insgesamt 12 Fälle) anschaue, dann sind die Kredithöhen gestreut, die Geschlechter gemischt, der KDF variert auch.

Auffällig sind hingegen:

Überdurchschnittliche Zinsangebote also ein Warnsignal? Sind diese Kreditnehmer so verzweifelt, dass sie um jeden Preis einen Kredit bekommen wollen?
Möglicherweise, allerdings gibt es m.E. noch zu wenig Daten um diesen Zusammenhang statistisch sicher zu belegen.
Außerdem habe ich in meinem Portfolio auch Gegenbeispiele wie Überbrückungskredit, Private Anschaffungen und Kfz-Reparaturen, die bisher pünktlich zahlen. Selbst wenn das Ausfallrisiko tatsächlich höher wäre, könnte es ggf. durch die überdurchschnittlichen Zinsen kompensiert werden.

Bankeratdsa kommt übrigens in einer Auswertung auch auf obige beide Besonderheiten. Er hat mehr Fälle untersucht und stuft zusätzlich altere Kreditnehmer, hohe Kreditgesamtsumme und Kreditnehmer mit mehreren Krediten als Risikofaktor ein.

Im Ausland gibt es z.T. sehr detaillierte Untersuchungen der Risikofaktoren, es ist jedoch fraglich ob und inwieweit diese auf das deutsche Modell übertragbar sind. Einer der Faktoren bei Prosper* ist aber, dass Kredite mit höheren Kreditsummen sich schlechter entwickeln als kleine Kredite.

Ausfall der ersten 2 Kredite bei Smava

Die Kredite Ablöse (Bonität A; 4000 Euro, KDF 3) und Autokauf (Bonität F, 6000 Euro, KDF 3) sind die ersten Kreditausfälle bei Smava.de*.
Smava schreibt dazu in einer Ankündigung u.a.:

smava hat sich mit den betreffenden Kreditnehmern in Verbindung gesetzt und auf die offenen Zahlungen hingewiesen. Leider haben wir trotz wiederholter Mahnungen bis zum 21. Dezember 2007 keinen Zahlungseingang für diese beiden Kreditnehmer verzeichnen können.
Da somit über 6 Wochen keine Rückzahlung geleistet wurde, ist die Wahrscheinlichkeit stark gesunken, dass die Kreditnehmer den offenen Betrag noch zahlen. Aus diesem Grund ist die Restforderung des Kreditnehmers aus dem Pool A und des Kreditnehmers aus dem Pool F wie mit den betreffenden Anlegern im Rahmenforderungskaufvertrag vereinbart an das Partnerunternehmen Intrum Justitia verkauft. Diese beiden Kredite sind somit ausgefallen.

Intrum Iustitia zahlt in beiden Fällen 25% der noch offenen Restschuld entsprechend der Tilgungsanteile des jeweiligen Monats an die betroffenen Anleger. Da die anderen Anleger des Pools die betroffenen Anleger bereits seit der ersten Nichtzahlung der Kreditnehmer durch ihre Ausgleichszahlungen unterstützen, erhalten diese von dem Kaufpreis für die Restforderung anteilig ihre geleisteten Ausgleichszahlungen zurück.

Insgesamt entwickelt sich die Ausfälle bei Smava bisher noch deutlich besser als die prognostizierten Zahlungsquoten – diese beziehen sich aber natürlich auch auf die Gesamtlaufzeit der Kredite und bisher ist bei den meisten gerade mal ein halbes Jahr vorbei, für eine abschließende Bewertung ist es also noch zu früh. Aber wie schon geschrieben war 2007 für die Smava Anleger ein sehr gutes Jahr.

Smava – derzeit sehr viele Folgekredite

Viele von den aktuellen Kreditprojekten bei Smava* stammen von Kreditnehmern, die bereits einen oder mehrere Kreditanträge bei Smava am laufen haben, wie diese Übersicht zeigt.

Diese Möglichkeit ist bei Smava von vorneherein vorgesehen und jeder kann mehrere Kredite aufnehmen, solange sein persönlicher Kreditrahmen oder maximal 10.000 Euro nicht überschritten sind, aber aus Anlegersicht beschleichen mich da Bedenken, zumal sich der Zweck relativ willkürlich ändert. Kaum ist das Jugendzimmer für den Sohn finanziert, soll ein nun ein Motorroller für den Sohn auf Kredit gekauft werden? Und das bei einem KDF-Indikator von 4, also schon relativ am Limit?
Analog folgt nach dem Mountainbike nun das DJ-Equipment.

Es spricht natürlich für Smava, dass die Kreditnehmer mit der Abwicklung beim ersten Kreditantrag so zufrieden waren, dass sie auch einen Folgekredit wieder über Smava aufnehmen. Ich hoffe nur, dass sich solche Mehrfachkredite nicht negativ auf die Rückzahlungsquote auswirken. Anleger sollten ggf. diesen Parameter bei der Auswahl der Kredite mit im Auge behalten.

Smava – Eilmeldung – erster Zahlungsverzug Bonität F

Wie gerade bekannt geworden ist gibt es bei Smava.de* den ersten Zahlungsverzug. Bisher hatte Smava eine makellose Rückzahlungsbilanz. Natürlich war es zu erwarten, dass früher oder später der erste Zahlungsverzug eintritt – und auch dass es die (vormals) schlechteste Bonitätsstufe F trift, kommt nicht unerwartet.

Da Smava mit den Anlegerpools arbeitet verteilt sich der Ausfall auf alle Kredite der Bonitätsstufe F, für die Rückzahlungen anstanden. Wie in der Abbildung ersichtlich werden an die Anleger nur 81,4% (statt 100%) zurückgezahlt.

Ich selbst bin zur Zeit in keinen Kredit der Stufe F investiert für den diesen Monat Rückzahlungen anstanden. Nach meinen Recherchen sind 9-10 Kredite betroffen. Diese belaufen sich über ein Gesamtvolumen von 13.500 Euro. 18,6% davon, auf die keine Rückzahlung erfolgt, wäre ein Kredit über 1.500 Euro. Davon gibt es 3 aber nur 2 kommen in Frage denn der Kreditnehmer des 3. Kredites hat einen weiteren Kredit (und der wäre dann sehr wahrscheinlich ja auch ausgefallen). (Korrektur: siehe Folgepost)

Es ist natürlich möglich, dass der Kreditnehmer die Rate noch verspätet leistet.

Wenn nicht, was bedeutet das für Anleger des Kredites mit dem Verzug?

Es gibt diesen Monat keine Zinsen und nur 81,4% der Tilgung. Dies kann sich im nächsten Monat wiederholen, danach geht der Kredit ins Inkasso (für 25% der Hauptforderung).

Und was bedeutet das für Anleger anderer Kredite der Bonität F?

Diese erhalten die Zinszahlungen auf ihre Kredite ganz normal, aber nur 81,4% der Tilgungsrate, machen also (in diesem Monat) ein Minus.

Konsequenzen für alle Anleger und zukünftige Anlageentscheidungen?

Ab sofort muss jeder Anleger, der in neue Bonität F Kredite investiert, einen Zinsaufschlag verlangen. Denn ab dem ersten Monat wird der Anleger nicht die volle Tilgung erhalten. Der Unterschied zu den anderen Bonitätsklassen ist, dass der Risikoaufschlag dort zwar auch einzukalkulieren ist – der Ausfall aber dort nur erwartet und noch nicht real ist – so dass in anderen Bonitätsstufen die Hoffnung besteht, dass geringe Ausfallquoten eintreten oder diese erst nach einigen Monaten die Tilgung beeinträchtigen.

Smava hat umgehenden und proaktiv mit im Forum kommuniziert. Der Beitrag dort informiert und erläutert sehr gut.

Smava KDF Indikator neu

Smava* hat heute als zusätzliche Information zu den Kreditprojekten den „KDF-Indikator“ eingeführt. KDF steht dabei für Kapitaldienstfähigkeit. Der neue KDF-Indikator wird auf der Smava-Website so erläutert:

Die Kapitaldienstfähigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Kreditnehmers, eine Kreditrate aus seinem Nettoeinkommen heraus (nicht aus seinem Vermögen) bezahlen zu können. Die Berechnung basiert auf einer sogenannten Haushaltsrechnung, bei der die monatlichen Ausgaben von den monatlichen Einkünften des Kreditnehmers abgezogen werden. Nach Abzug aller Ausgaben verbleibt ein Teil des Nettoeinkommens zur freien Verwendung.

Der KDF-Indikator zeigt in Stufen, zu welchem Prozentsatz dieses frei verfügbare Nettoeinkommen zur Rückzahlung von Kredit- oder Leasingraten (ohne Baufinanzierung) in Anspruch genommen wird. Die Rate für das betreffende Kreditprojekt ist dabei bereits eingerechnet.

Die Stufen sind:

KDF-Indikator 1:  0 bis 20%
KDF-Indikator 2:  20 bis 40%
KDF-Indikator 3:  40 bis 60%
KDF-Indikator 4:  60 bis 80%
KDF-Indikator 5:  80 bis 100%

Mehrere aktuelle Kreditprojekte haben einen KDF-Indikator der Stufe 4. Auch wenn ich keine Vergleichszahlen aus der Branche kenne, finde ich das bedenklich. Diese Kreditnehmer geben über 60% ihres frei verfügbaren Nettoeinkommens für Kredit- und Leasingraten aus. Und das ist ohne Kredite zur Baufinanzierung (Hypothekenkredite, Bauspardarlehen, etc.). D.h. die Kreditnehmer haben nur 20-40% ihres frei verfügbaren Nettoeinkommens als Sicherheitspolster zur Verfügung, falls etwas Unvorhergesehenes eintritt.
Etwas schwammig ist die Formulierung, der bereits abgezogenen „monatlichen Ausgaben“. Ich nehme an, dass diese alle gängigen Kosten für den Lebensunterhalt wie Nahrung, Wohnung, Transport, Versicherungen, etc. umfasst.

Vielen Dank an Smava* für diesen zusätzlichen Indikator. Es wird interessant sein zu verfolgen, ob dieser später mit Kreditausfallraten in irgendeiner Weise korreliert.

Kulturgeschichte des Risikomanagements

Ich habe gerade Against the Gods – The Remarkable Story of Risk von Peter L. Bernstein gelesen. Das Buch erzählt die Geschickte der Wahrnehmung, Messung und des Umgangs mit Risiko von der Antike bis in die Neuzeit.

Dabei werden die unterschiedlichsten Themenbereiche gestreift: Erbsen, Brustkorbumfänge, Optionen, Derivate, Lebensversicherungen, Tulpenzwiebel,… . Nein ernsthaft: Das Buch ist voll von geschichtlichen Beispielen und beschreibt die schrittweise Entdeckung von Methoden zur Wahrscheinlichkeitsrechnung und Risikomanagement. Interessant fand ich auch ein Kapitel in dem es darum geht, dass die Wahrnehmung des Risikos sehr stark von der Beschreibung des Sachverhaltes abhängig ist. Kleine Kostprobe gefällig:

Stellen Sie sich vor Sie gehen ins Theater und hatten eine Eintrittskarte für 40 Euro gekauft. An der Kasse stellen Sie fest, dass Sie die Eintrittskarte verloren haben. Würden Sie eine neue kaufen?

Und nun stellen Sie sich vor dass Sie planen eine Eintrittskarte für 40 Euro zu kaufen wenn Sie im Theater eintreffen. Dort angekommen stellen Sie fest, dass Sie 40 Euro weniger in der Geldbörse haben, als Sie angenommen hatten, als Sie das Haus verlassen hatten. Würden Sie trotzdem das Ticket kaufen?

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