Verschärft die FCA die Regulierung für P2P Kredit Marktplätze in UK?

FCAP2P Kreditmarktplätze fallen in UK in der Regel unter die Aufsicht der Regulierungsbehörde FCA. Es gibt aber auch bestimmte Ausnahmen, wie z.B. Invoice Financing. Neue P2P Plattformen müssen eine Genehmigung (Full Authorisation) beantragen und bewilligt bekommen, bevor sie den Marktplatz eröffnen. Dieses Regelwerk ist nun seit einigen Jahren in Kraft und die meisten Plattformen, die schon vor der Regulierung am Markt waren haben, inzwischen auch den Full Authorisation Status.

Im internationalen Vergleich sind die Anforderungen und damit die Hürden für den Markt Eintritt von Anbietern eher gering.

Die FCA hat letzte Woche ein 156-seitiges Konsultationspapier veröffentlicht (‚Loan-based (‘peer-to-peer’) and investment-based crowdfunding platforms: Feedback on our post-implementation review and proposed changes to the regulatory framework‚).

Das Papier stellt die Lage seit Inkafttreten der Regulierung 2016 aus Sicht der FCA dar und macht Änderungsvorschlägen, in denen sie dies aufgrund schlechter Handelsgepflogenheiten (‚poor practises‚) für erforderlich erachtet.

Auch wenn es ausschließlich um den britischen Markt geht, sind weite Teile des Berichts generell für Anleger in P2P Kredite interessant, da dieselben oder vergleichbare Risiken sicher auch bei P2P Krediten in anderen Ländern auftreten.

Ich verweise im Folgenden einfach mal auf einige Punkte anhand der Numerierung im Bericht. Es handelt sich nicht um wörtliche Übersetzungen der Punkte sondern Umschreibungen/Zusammenfassungen durch mich.

1.12 Anleger müssen verstehen, dass P2P Kredit nicht gleich P2P Kredit ist, sondern das Risiko sich erheblich nach Art des Investments unterscheiden kann. Z.B. Verbraucherkredit vs. Immobilienkredit.

1.17 Schlechte Handelsgepflogenheiten bei den Plattformen hat die FCA vor allem in den Punkten Information an Klienten, Gebührenstrukturen, Abwicklungsverfahren bei Schließung der Plattform und Buchhaltung beobachtet

1.18 In einigen Fällen entsteht das Risiko durch das Geschäftsmodell der Plattform

In 3.4 bis 3.47 geht es um die Struktur der Investments, die unterschiedlichen Geschäftsmodelle von P2P Plattformen und ihre Auswirkung auf das Risiko für den Anleger. Das meiste dürften Anleger die schon länger dabei sind, schon mal gehört haben, es ist aber hier strukturiert und gut verständlich dargelegt.

P2P business models

In Kapitel 4 geht es um Schäden (‚harm‚) und Maßnahmen zur Schadensvermeidung. Hauptpunkte sind u.a.

  • Anleger bekommen nicht genug klare und akkurate Informationen so dass das Produkt für sie ungeeignet ist
  • Anleger verstehen nicht das wahre Risiko, dem sie sich mit ihrer Anlage aussetzen
  • Anleger werden nicht fair für das Risiko vergütet, das sie tragen
  • Anleger verstehen nicht, welche Folgen ein Kollaps der Plattform hätte
  • Anleger verstehen nicht, welche Gebühren sie an die Plattform zahlen
  • Anleger könnten exzessive Kosten für die Dienste der Plattformen zahlen

In 4.31 bis 4.35 geht es um die Probleme, die aus Sicht der FCA erwachsen können, wenn die Plattform einen erheblichen Spread zwischen dem Zinssatz den der Kreditnehmer zahlt und dem Zinssatz den der Anleger erhält. Die FCA nennt als Beispiel den Fall, dass der Kreditnehmer 30% Zins zahlt, der Anleger 3% erhält und die Plattform 27% einsteckt.

4.50ff Die FCA sieht erhebliche Risiken für die Anleger darin, dass die Planung für die Abwicklung einer Plattform bei einem Kollaps lückenhaft sind bzw. praktisch nicht zufriedenstellend funktionieren. Vielen Anlegern sei dieses Risiko zum Anlagezeitpunkt nicht bewusst.

4.66ff Die FCA ist besorgt dass provision funds ( im Dokument als contingency funds bezeichnet) bei den Anleger ein falsches Gefühl der Sicherheit hervorrufen könnten.

4.72ff Zweitmärkte können einen falschen Eindruck der Liquidität erwecken.

In Kapitel 5 schlägt die FCA Änderungen für die Zukunft vor, die insgesamt auf eine Verschärfung der Anforderungen hinauslaufen. Im einzelnen werden sehr unterschiedliche Punkte adressiert manche eher generell, manche schon konkreter. Eine Folge könnte sein, dass Anleger auf britischen Plattformen die sich als ‚Retail investors‘ selbst einstufen, nicht mehr als 10% ihres Anlagevermögens in P2P Kredite anlegen dürfen (5.49). Allerdings würde das in der Praxis vermutlich nicht allzu viel ändern, denn eine ähnliche Regelung gibt es bereits für Crowdinvesting in UK und dort überprüfen die Plattformen die Selbsteinstufung der Anleger nicht.

Interessant ist auch der Ansatz die Plattformen zu verpflichten zu veröffentlichen wie sich die tatsächliche Rendite rückschauend im vorherigen Jahr im Vergleich zur vorher erwarteten und beworbenen Rendite entwickelt hat (Ziffer 5.84-5.86). Dies kann natürlich nur funktionieren, wenn die Berechnung stark standardisiert vorgegeben wird und der Plattform wenig Spielraum für Interpretationen bleibt.

Da es ein Konsultationspapier ist kann jeder (also auch Anleger) ganz basisdemokratisch der FCA seine Meinung zu den im Bericht aufgeworfenen Fragen online schicken. Das Formular dazu ist hier. Die Frist für Stellungnahmen ist der 27. Oktober also 3 Monate Zeit. Wer lieber einfach mit anderen Anlegern Aspekte diskutieren möchte, kann das in diesem Thread im Forum tun.

Mein Fazit: Die FCA wurde von vielen englischen Anlegern bisher oft als zahnloser Tiger eingestuft, der hauptsächlich hohe Gehälter für die FCA Mitarbeiter generiere aber wenig praktischen Nutzen für die Anleger. Dass die FCA durchaus aktiv werden kann (wenn auch vielleicht zu spät) hat der Fall Collateral gezeigt. Und sehr viele Anleger finden dass das jetziger Konsultationspapier sehr detailliert ist und wesentliche Problempunkte gut wiedergibt. Die Geister scheiden sich etwas inwiefern es zu Änderungen in der Regulierung kommen wird, die tatsächlich spürbare Verbesserungen für Anleger bringen wird. Denn wie ein Anleger schreibt: Genauso informierte Papiere hatte gab es von der Aufsicht auch 2013-2015 ohne dass allzu viel davon umgesetzt wurde.

Ich denke schon, dass ein Teil der Punkte umgesetzt werden wird und wirklich Verbesserungen bezüglich Information und Transparenz bringen wird.

 

 

Warum der Fall Collateral auch deutschen Anlegern als warnendes Beispiel dienen sollte, obwohl fast keiner hierzulande betroffen ist.

Vor 3 Monaten hatte ich vermeldet, dass die britische Plattform Collateral ihr Geschäft einstellen musste und ein Insolvenzverwalter die Aufsicht übernommen hatte. Damals sah es noch ganz gut aus, der Insolvenzverwalter ging davon aus, dass eine hohe Chance bestand, dass alle Anleger das in Kredite investierte Geld zurückbekommen würden.

Seitdem sind 3 Monate vergangen, getan hat sich einiges, aber leider nicht viel davon können die Anleger als gute Nachrichten für sich verbuchen. Die britische Aufsichtsbehörde FCA hat durchgesetzt, dass der erste Insolvenzverwalter (dem von Einzelnen zu große Nähe zum ehemaligen Collateral Management unterstellt wird) durch die Firma BDO ersetzt wurde. Am Rande: Es scheint keine Ausschreibung durch die FCA für diese Aufgabe gegeben zu haben und es ist (mir) völlig unklar warum gerade die BDO von der FCA als Ersatz vorgeschlagen wurde? Kann man somit der BDO zu große Nähe zur FCA unterstellen?

Der große Paukenschlag kam dann heute. Die BDO teilt den betroffenen Anlegern u.a. mit

  • Dass anscheinend die Plattformdaten aus denen hervorgeht welcher Anleger in welche Kredite investiert hat (im Moment) nicht mehr verfügbar sind ‚Whilst the information that has been retrieved by the Joint Administrators to date contains details of the investors and their total loan exposure, it does not provide sufficient detail to extract an analysis of each investor’s investments into specific loans or tranches of loans. The Joint Administrators’ investigations to recover further information are continuing, and we will update investors in due course.‘
  • Dass viele Kreditnehmer in laufenden Krediten die Zahlungen nicht geleistet haben ‚According to the Companies’ records available to the Joint Administrators, a significant portion of the loans are now past their redemption date. Now that the loan documentation has been obtained, the Joint Administrators have written to the borrowers seeking repayment of the loan amounts together with any additional interest as may be applicable.‘
  • und dass Anleger vermutlich als Kreditgeber an den Marktplatz statt als Inhaber von Forderungen aus Krediten an die Kreditnehmer behandelt werden werden. ‚Will investors be treated as creditors? From the information currently available, the initial view of the Joint Administrators’ lawyers is that investors will be treated as creditors of the Companies as a consequence of s26 of the Financial Services and Markets Act 2000. A further update will be provide in the Joint Administrators’ proposals to creditors, which are due to be issued on or before 22 June 2018..

Selbst diese – sehr kurze – Zusammenfassung durch mich spiegelt wider, dass die Lage ziemlich chaotisch ist. Wen Details interessieren, der kann mit diesem Forum Thead anfangen: ‚ Collateral Erfahrungen (UK) Insolvenz‘ und findet dort auch weiterführende Links.

Nun war Collateral bei deutschen Anleger nie ein bekannter oder beliebter Marktplatz. Auch wenn deutsche Anleger betroffen sind, dürften es nicht mehr als einige Dutzend sein. Die Anleger stammen sehr überwiegend aus UK.

Warum schreibe ich dann in der Überschrift, dass dieser Fall auch für deutsche Anleger ein wichtiges warnendes Beispiel sein sollte?

Dazu abstrahieren wir vom konkreten Fall auf die Rahmenparameter:

  • Es handelte sich um genau beschriebene Kredite, überwiegend mit Sicherheiten (Immobilien)
  • Es gab/gibt in UK spezifische Regulierung für P2P Kredite und eine extra dafür zuständige Aufsichtsbehörde
  • Das Ganze in einem stabilen Rechtsumfeld mit unabhängiger Justiz

Somit wäre anzunehmen gewesen dass der Kollaps eines Marktplatzes zu einer ‚relativ geordneten‘ Abwicklung führen würde.

Wie sich immer mehr zeigt ist das genaue Gegenteil der Fall.

Aber nochmal, warum jetzt warnendes Beispiel?

Andere Marktplätze operieren in anderen Märkten wo die Erwartungshaltung (oder auch das Vorurteil) über eine geordnete Abwicklung eher anders ausfällt. Viele Anleger vertrauen den angepriesenen Buybackgarantien als Sicherheitsmechanismus. Wenn ich dann darauf hinweise, dass diese Buybackgarantie ein Versprechen ist, dass nur so gut ist wie die wirtschaftliche Lage, desjenigen der sie gibt (siehe Eurocent) kommt als nächstes Argument der Anleger, dass im sehr unwahrscheinlichen Fall eines Falles ja eine direkte Beziehung zum Kreditnehmer bestünde und der dann ja den Kredit weiterzahlen müsse.

Scheint aber bei Collateral im geregelten England schon nicht zu funktionieren. Wenig überraschend haben viele Kreditnehmer die Zahlungen eingestellt nachdem sie von den Problemen bei Collateral hörten. Schon sehr viel überraschender fehlen nun Aufzeichnungen und der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass entgegen dem ursprünglichen Konstrukt die Ansprüche der Anleger sich nun gegen den Marktplatz richten sollten (unbesichert) statt gegen den Kreditnehmer (überwiegend besicherte Kredite).

Noch extremer wird es wenn in einzelnen Diskussionen neue P2P Kredit Anleger doch tatsächlich bestimmte P2P Kredit Angebote als Tagesgeltalternative einstufen und sehen.

Zwar ist das letzte Wort im Fall Collateral nicht gesprochen, mit hoher Wahrscheinlichkeit werden vor allem Anleger, bei denen es um größere Summen geht, schlussendlich Rechtsmittel ergreifen, aber der Fall zeigt schon sehr exemplarisch wie weit der tatsächliche Abwicklungsprozess sich von dem unterscheiden kann, den die Anleger (zu Recht) erwarteten als sie anlegten, weil er Ihnen so beschrieben wurde und durch die Regulierung zumindest suggeriert wurde.

Insolvenz eines britischen P2P Kredit Marktplatzes

Das Email des Insolvenzverwalters erhielten betroffene Anleger spät gestern abend. In diesem wurden sie informiert, dass Collateral (UK) Ltd, die Betreiberfirma des britischen Marktplatzes Collateral nun unter seiner Aufsicht steht. Vorausgegangen war eine über 48-stündige Phase der Ungewissheit, da die Website nur eine Wartungsnachricht zeigte und der Anbieter weder auf Anrufe noch Emails reagierte.

Als Ursache der Insolvenz wurden Probleme mit der in UK nötigen Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde FCA benannt: ‚Why has this happened? The Company was operating in the belief that it was authorised and regulated by the Financial Conduct Authority under interim permission. It has transpired that this is not the case and consequently the Company has ceased lending.‚.

Die gute Nachricht ist, dass das Risiko von (höheren) Verlusten für Anleger gering ist, denn trotz der Insolvenz der Plattform werden sie Rückzahlungen und Zinsen aus den laufenden Krediten erhalten, vorausgesetzt die Kreditnehmer zahlen weiterhin ‚I have lent money via the Collateral platform do I need to do anything? No. Subject to the borrower continuing to make payments of interest and capital those will be returned to you in accordance with the Collateral terms and conditions.‚ Die Kredite sind in der Regel mit Immobilien besichert. Das insgewamt vergebene Kreditvolumen seit dem Start der Plattform lag bei knapp 18 Mio. Pfund.

Vieles ist aber auch trotz des mehrseitigen Schreibens des Insolvenzverwalters bisher noch unklar. Insbesondere die genaueren Umstände und warum Collateral nicht vorher informiert hatte. Wie Anleger recherchiert haben, hatte Collateral klammheimlich den Hinweis auf die FCA Genehmigung Ende Januar aus seinem Email Footer entfernt und auch die AGB geändert ohne Anleger darauf hinzuweisen. Eine der Fragen ist also, was zwischen Ende Januar und der gestrigen Mitteilung passierte. Eine andere die sich Anleger noch stellen, ist ob auch uninvestierter Cash auf der Plattform sicher ist – das Schreiben des Insolvenzverwalters geht auf diesen Aspekt nicht ein. Weitere Aspekte werden ggf. im Forum diskutiert. Update 12:15 Uhr – laut Adminstrator ist der uninvestierte Cash auch sicher.

Zwischenfazit: Obwohl viele Unklarheiten bestehen, scheint es für die Anleger glimpflich abzulaufen und nur ggf. zu Verzögerungen zu kommen (der Zweitmarkt wird in der Insolvenz nicht verfügbar sein).

Investly startet Crowdinvesting Pitch auf Seedrs – Kapitalerhöhung um bis zu 2 Mio. Pfund

Der britisch-estnische P2P-Kreditmarktplatz Investly* hat einen Crowdinvesting Pitch auf Seedrs gestartet und will für bis zu 2 Mio. Euro neue Aktien ausgeben. CEO Siim Maivel sieht großes Interesse unter den Investly Nutzern Aktionär der Gesellschaft zu werden und hat sich deshalb für ein Crowdinvesting Angebot statt einer traditionellen Venture Capital Finanzierung entschieden, wie er mir in dem Interview sagte, dass heute bei P2P-Banking erschien.

Investly ist seit Anfang 2016 auf die Finanzierung von Rechnungen in Estland und UK spezialisiert. Anleger erhalten i.d. R.zwischen 8% und ca.14% Zinsen p.a.. Der Anlagezeitraum ist dabei sehr kurz, bis zu 120 Tage, meist deutlich weniger. Das Volumen der angebotenen Rechnungssummen ist in den letzten Monaten stark gestiegen und lag im Dezember 2017 bei 1,3 Mio. Euro.

Ich selbst biete sehr selektiv auf estnische Rechnungen, nutze also nicht die Autoinvest (Autobidder) Funktion. Dabei sind mir Rechnungen an Empfänger im öffentlichen Sektor in Estland am liebsten. In einzelne dieser Rechnungen habe ich durchaus mehrere Hundert Euro angelegt. Dass das zu Lasten der Diversifikation geht, nehme ich dabei in Kauf. Allerdings sind diese Rechnungen auch am begehrtesten bei den Anlegern und schließen i.d.R. auf dem Minimumzinssatz von 8%. Viel Zeit manuelle Gebote darauf abzugeben bleibt auch nicht. Die letzte solche Rechnungen über 141 Tsd Euro wurde am Freitag in wenigen Stunden gefüllt. Auch gibt es keine regelmäßige Benachrichtigungen über neue Rechnungen. Ich poste aber sporadisch einen Hinweis in diesem Thread im Investly Forum, wenn ich eine neue Rechnung bemerke. In die britischen Rechnungen habe ich bisher noch nicht investiert.

Aktuell ist der Crowdinvesting Pitch noch im ‚private Mode‚, d.h. Investly hat den Link zuerst nur an die Nutzer der Plattform gemailt. Anteilseigner werden kann man ab einem Minimum-Invest von 13 GBP. Wie Seedrs funktioniert hatte ich ja früher schon hier im Blog beschrieben. Einfach mal Seedrs oben rechts in die Suche tippen.

Hier noch das Video zum Seedrs Pitch von Investly, das relativ gut erklärt was Investly macht und wofür sie die Mittel verwenden wollen:

Update: Eine frühere Version des Artikels nannte 2,5 Mio. Pfund als Obergrenze; diese Angabe wurde korrigiert.

 

 

Das war die Lendit Europe 2017

Der Tagungsort der Lendit Europe war derselbe wie letztes Jahr. Groß und international war es auch wieder – mehr als 1100 Teilnehmer aus 54 Nationen. Die Ausrichtung hat sich jedoch erheblich geändert. Lag vormals der Fokus nur auf P2P Krediten, ist er nun viel weiter gefasst, die Konferenz beschäftigt sich genereller mit Innovationen im Finanzsektor. Einen Überblick des Themenspektrums, das diskutiert wurde, gebe ich meinem Post auf P2P-Banking.


Renaud Laplanche sieht in seinem Vortrag ein sich beschleunigendes Wachstum des Online Lending

In diesem Post möchte ich mich nur auf den Bereich beschränken, der P2P Kredite betrifft. Wirklich bahnbrechende Nachrichten oder neue Trends gibt es nicht. Aber die Konferenz ist ungemein nützlich, da Vertreter fast aller Plattformen anwesend sind. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit habe ich zum Beispiel gesprochen mit Repräsentaten von Bitbond*, Bondora*, Dofinance*, Estateguru*, Iuvo*, Fellow Finance, Flender*, Funding Circle Deutschland, Landbay, Lendix*, Linked Finance, Mintos*, Mozzeno, Proplend, Twino*, Relendex*, Viainvest*, Viventor* und Zlty Melon. Und natürlich waren noch viel mehr Marktplätze dort und haben auch zum Teil präsentiert. Auxmoney* und N26 haben erläutert wie beide von ihrer Zusammenarbeit bei der Kreditvergabe profitieren, das die Integration rund 2 Monate gedauert hat, sie aber rund 2 Jahre schon die Idee im Blick hatten bevor sie sie angegangen sind. N26 sieht Auxmoney als präferierten Partner für eine solche Kooperation auch in internationalen Märkten, sollte Auxmoney sich je zu einer Expansion entscheiden.

Ein in der Branche interessiert beobachteter Schritt ist auch die Beantragung einer Banklizenz durch Zopa – das ist jetzt nicht neu, sondern Zopa ist schon länger im Genehmigungsprozess, der rund 2 Jahre dauert, und ist nach Einschätzung des CEOs etwa halb durch. Übrigens hat Younited Credit – Frankreich – schon länger eine eigene Banklizenz. Diese Themen sind für die Branche wichtig und werden Einfluss auf die zukünftige Entwicklung haben – sind aber zugegebener Maßen relativ ‚High Level‘ und haben zumindest sehr kurzfristig keine Auswirkungen auf die Anlageentscheidungen privater Anleger in P2P Kredite.

Was gibt es also ganz konkretes Neues? Ein paar Punkte hatte ich ja schon im Forum in einzelnen Threads gepostet (Beispiel) bevor ich diesen Artikel schrieb.

Viele der osteuropäischen Plattformen habe ich darauf angesprochen, welche Schritte sie unternehmen, um das Kreditangebot zu erhöhen (viele Anleger im Forum bemängeln ja, dass sie ihre Gelder nur schleppend investieren können). Die meisten Plattformen sind in Gesprächen mit neuen Darlehensgebern, einen konkreten Termin wann die auf die Plattform kommen, konnte aber noch keiner nennen. Estateguru habe ich gefragt, ob wie im Forum gemutmasst die Absicht besteht, auch in Spanien aktiv zu werden. Antwort: sie sind in Gesprächen, spruchreif ist das aber noch nicht. Bondora sagte mir, dass sie in Finnland und Estland sehr viele von den Ausfällen automatisiert an die Gerichte übergeben haben. Da in Finnland ca. 3000 Fälle (aus einem längeren Zeitraum der Vergangenheit) in sehr kurzer Zeit übergeben wurden, waren die finnischen Gerichte dadurch kurzzeitig so überlastet, dass die Gerichte nur aufgrund dieser Fälle neues Personal zur Bearbeitung eingestellt haben.

Schließlich habe ich ein Panel moderiert, in dem es darum ging, wie (private) Anleger in der Eurozone in P2P Kredite zu einer möglichst guten Rendite investieren können. Eingeladen waren Pärtel Tomberg von Bondora*, Patrick de Nonneville von Lendix*, Antoni Airrikala von Fellow Finance* und Peter O‘ Mahoney von Linked Finance*.

Gesprochen haben wir über die Themen Renditen, Kreditauswahl, Ausfälle und was die Plattformen tun können, Zweitmarkt, Autoinvest, Qualität der vefügbaren Bonitätsdaten, welche Informationen sollten Anlegern zur Verfügung stehen, Expansion in neue Märkte und welche neuen Features/Produkte wollen sie launchen. Während die Plattformen schon sehr überzeugt sind, dass die Anleger bevorzugt Autoinvest nutzen sollten, räumte Pärtel Tomberg Fehlentscheidungen in der Vergangenheit bei der Einschränkung der Auswahlmöglichkeiten für Anleger ein. Auch die Frage wieviel Einzeldaten zu einem Kredit Anleger sehen wollen und künftig bekommen sollen gab es tendenziell unterschiedliche Meinungen.

Alle Sessions wurden aufgenommen, die Videos sind demnächst hier online anschaubar.

Vielleicht einfach mal stöbern, es waren z.B. auch da Lend (Schweiz) oder im Bereich hohe Risiken aber auch hohe Renditen, lohnt vielleicht als Kontrast mal ein Blick was z.B. Afluenta in Lateinamerika macht (Renditen um 20% für Anleger – in US$, nicht in lokaler Währung gerechnet). Für die Schweizer auch ganz unterhaltsam könnte sein, ob sie zukünftig auf Geldautomaten verzichten werden, und stattdessen Bares vom Kellner in der Bar ihres Vertrauens mit dem Drink gereicht bekommen. Dieser Pitch von Sonect hat in der Pitchit Competition sowohl den Jury Preis als auch den Publikums Preis bekommen. Das Video zur ‚Pitchit‘.

Schließen möchte ich mit einer geheimnisvollen Ankündigung. Als Abschluss des Panels habe ich jeden der Teilnehmer gefragt, woran ihre Plattform gerade arbeitet. Pärtel Tomberg ist schon immer ein Freund markanter Sprüche gewesen. Er sagte Bondora bringt später in diesem Jahr ein Produkt ‚that can destroy banks‚. Mehr dazu wollte er aber nicht verraten. Schauen wir also mal, ob dem Spruch noch Taten folgen.

Übrigens könnte es sein dass die Lendit nächstes Jahr in Deutschland stattfindet. In der Abschlussumfrage werden die Teilnehmer gefragt, ob sie Berlin, Frankfurt, Barcelona oder doch wieder London bevorzugen. Auch schon eine Folge des Brexit?

Lendit Aussicht
Blick aus dem Konferenzhotel; Intercontinental direkt an der Themse; bezeichnenderweise blickt man direkt auf die Bürotürme der Großbanken.

Seedrs Crowdinvesting – warum ich meinen Anteil an Seedrs in der aktuellen Runde aufstocke

Aktuell führt die britische Crowdinvestment Plattform Seedrs* eine dritte Funding Runde durch. Mindestens 3 Mio. Pfund sollen bei einer Pre-Money Bewertung von 44 Mio. Pfund aufgenommen werden. Zunächst war die Runde für 2 Tage nur für Anteilseigner aus den vorherigen Runden geöffnet, damit diese die Chance hatten ihre Pre-Emption Rechte auszuüben. Seit heute morgen ist der Pitch auch für Investoren geöffnet die bisher nicht Seedrs Anteilseigner waren und in den letzten Wochen vorab ihr Interesse angemeldet hatten per Vorregistrierung. Aktuell haben bereits über 1500 Anleger mehr als 5 Mio. Pfund (ca. 5,7 Mio. Euro) in dieser Runde investiert. Die meisten davon sind Briten (und profitieren von den EIS Steuervorteilen), aber es sind auch sehr viele internationale Anleger dabei, unter anderem mehr als 50 Deutsche.

Ich hatte ja schon mehrfach geschrieben, dass das Seedrs Modell beim Crowdinvesting erhebliche Vorteile bietet. Zum Beispiel echte gleichberechtigte Unternehmensanteile (statt wie auf anderen Plattformen nur Nachrangdarlehen). Oder auch die Pre-Emption Rechte, die bei einer neuen Kapitalrunde, den Altaktionären ermöglichen ihr Investment aufzustocken, um eine Verwässerung ihrer Anteile zu vermeiden.

Ich bin seit der 2. Seedrs Runde, also seit 2015, Aktionär bei Seedrs – zwar mit einem Minianteil, aber diesen stocke ich in dieser Runde weiter auf.

Warum?

Ich bin mit der Geschäftsentwicklung von Seedrs in den letzten Jahren sehr zufrieden:

  1. Potential als Marktführer in Europa (je nach Betrachtungsweise ist Crowdcube größer; allerdings halte ich die Seedrs Entwicklung für deutlich vielversprechender als bei Crowdcube; auch an Crowdcube halte ich seit 2011 Anteile)
  2. Die Entwicklung und das Volumen ist um Längen besser als andere europäische Plattformen, seien es die deutschen oder die skandinavischen wie Invesdor oder FundedbyMe: Ich sehe gute Chancen dass Seedrs diesen Plattformen auch in ihren Heimatmärkten erhebliche Marktanteile abnimmt. In den letzten Monaten sind schon größere deutsche (u.a. Bonaverde) und niederländische Pitches bei Seedrs gelaufen
  3. Seedrs hat inzwischen einen funktionierenden Zweitmarkt – ein Novum im Crowdinvesting
  4. das Killer-Argument für mich aus Aktionärssicht ist das Carry

Was ist Carry?

Seedrs nimmt von allen Anlegern (außer im eigenen Pitch) eine 7,5% Gebühr, die auf realisierte Wertsteigerungen fällig wird. Beispiel: Wenn ich 100 Pfund in einen Pitch investiere, bei dem es nach 8 Jahren einen Exit gibt, in dem ich 1000 Pfund für meine Anteile bekomme, dann kassiert Seedrs 7,5% Gebühr auf die 900 Pfund Gewinn, die ich erzielt habe, also 67,50 Pfund Gebühr. Die meisten anderen Plattformen – auch Crowdcube finanzieren sich nur durch Gebühren von den Startups für erfolgreiche Fundings. Eine solche Gebühr von bis zu 6,5% nimmt Seedrs auch und sie ist auch als kurzfristige Einnahmequelle wichtig, langfristig spielt aus meiner Sicht aber die Musik in dem Potential, dass sich aus dem Carry ergibt. Der Großteil wird zwar erst bei einem Exit realisiert, aber kleinere Beträge werden schon bei den vielen Verkäufen auf dem Zweitmarkt fällig und Seedrs hat bereits bewiesen, dass es bei Bedarf möglich ist das Potential aus dem Carry teilweise zu verbriefen, also an institutionelle Anleger zu veräußern.

Ich finde mein Seedrs Invest daher vor allem aus folgendem Blickwinkel hochspannend:
Wenn ich in Crowdinvestment Kampagnen einzelner Startups investiere, muss ich hoffen, dass einige wenige extrem gut performen um mit dem Gewinn den ich mit diesen erziele die Verluste die ich aus den anderen die ausfallen deutlich überzukompensieren. Die Schwierigkeit liegt natürlich vor allem darin, dass ich vorher nicht wissen kann, wer die Outperformer sind.
Investiere ich aber in Seedrs selbst, dann profitiert Seedrs automatisch über das Carry an den sich super entwickelnden Startups. Und zwar an allen. Die Ausfälle dagegen schaden nicht. Sie generieren zwar kein Carry, aber da Seedrs kein Geld in Anteile an ihnen investiert, gibt es auch keine Verluste. Im Gegenteil, die Gebühren für das erfolgreiche Funding hat Seedrs ja direkt am Anfang dem Startup in Rechnung gestellt.

Natürlich ist ein Investment in ein Startup hochriskant. Es kann völlig anders ausgehen als erwartet bzw. erhofft. Im Fall von Seedrs schätze ich aber die Chancen im Vergleich zu den Risiken als aussichtsreich ein, auch unter Berücksichtigung der im Verhältnis zu den Umsätzen hohen Bewertung.

Einige Meinungen zum aktuellen Seedrs* Funding gibt es auch in diesem Forum Thread.

Die Runde läuft noch. Seedrs hat noch nicht bekanntgegeben bei welchem erreichten Betrag sie sie schliessen werden.

 

 

Collateral P2P Plattform mit bis zu 14 Zinsen – Test und Erfahrungen

Collateral ist eine junge, britische P2P Kreditplattform. Gestartet im letzten Jahr mit Pfandkrediten (Schmuck, Kunst), kamen später Autokredite und heute sehr viele Immobilienkredite dazu.

Vorteile

  • sehr hohe Zinssätze für Anleger (derzeit 12-14$)
  • unterschiedliche Kredittypen
  • kurze Laufzeiten (6-12 Monaten)
  • keine Gebühren für Anleger
  • Zweitmarkt

Nachteile

  • sehr junge Plattform
  • wenig Informationen zu den Ausfallraten
  • kein Autoinvest

Meine Collateral Erfahrungen bisher

Ich habe noch keine Collateral Erfahrungen gesammelt. Obwohl mir die Plattform schon länger bekannt ist, habe ich mich erst vor Kurzem bei Collateral angemeldet. Ich habe inzwischen bei Lendy* mein Investitionslimit erreicht und neben Moneything ist Collateral eine Plattform bei der ich eine Aufstockung meines britischen Portfolios erwäge.

Wann ist Collateral gestartet?

Collateral ist seit 2016 live

Anmeldung

Die Anmeldung bei Collateral ist auch für Anleger aus Deutschland, Österreich und der Schweiz möglich und geht relativ fix. Einfach die Online Anmeldung ausfüllen und im letzten Schritt Scans von Personalausweis und Pass hochladen sowie eine Energieversorgerrechnung, die nicht älter als 3 Monate ist. War bei mir binnen 2 Stunden geprüft und freigeschaltet. Allerdings kamen dennoch SMS und Emails die mich aufforderten Dokumente hochzuladen (obwohl ich in anderen Emails die Bestätigung meiner Freischaltung erhielt.)

Wie können Anleger bei Collateral Geld einzahlen?

Einzahlungen sind per Überweisung möglich. Ein Bankkonto in UK ist nicht Voraussetzung, ich emfehle aber ein Transferwise Borderless* UK Konto zu eröffnen – das erleichtert spätere Transfers von einer UK Plattform zur anderen.

Was ist der Minimalbetrag für eine Anlage?

Es gibt weder für Einzahlung noch für die Anlage einen Mindestbetrag

Wie hoch ist der Zinssatz den Collateral Anlegern zahlt?

Bis zu 14% Zinssatz

Ab wann zahlt Collateral Zinsen?

Sofort ab Gebot

Wann werden Zinsen ausbezahlt?

Zinsen werden jeweils am Ersten jeden Monats bezahlt.

Wie hoch sind die Collateral Gebühren für Anleger?

Es gibt keine Gebühren für Anleger.


Auszug aus der Liste der Collateral Kredite

Wie lang ist die Laufzeit der Collateral Kredite?

Unterschiedlich. In der Regel 6 bis 12 Monate. Verlängerungen sind möglich.

Mit welche Sicherheiten sind die Collateral Kredite abgesichert?

Es gibt Pfandkredite, bei denen das Pfand eingelagert wurde. Und andere Pfandkredite ‚Grouped Assets‘ bei denen lediglich eine Schuldverschreibung eine Gruppe von Krediten besichert. Die Immobilien sind durch eine Grundschuld abgesichert.
Es gibt allerdings keinen Provision Fund.

Gibt es einen Collateral Zweitmarkt?

Ja, ohne Gebühren.

Was ich an Collateral interessant finde:

Collateral ist eine weitere britische Plattform mit hohen Zinssätzen, die keine Gebühren von Anlegern verlangt. Der Zweitmarkt bietet eine gewisse Liquidität. Zudem sind die Kreditlaufzeiten kurz.

Diskussionen zu Collateral im Forum lesen.

Trend weg von Provision Funds in England

In Großbritannien waren (und sind) sogenannte provision funds bisher bei vielen P2P Kreditmarktplätzen im Modell eingearbeitet. Was ist ein Provision Fund? Ein Sicherungsmechanismus, der greifen soll, wenn ein Kredit ausfällt. Üblicherweise speist sich der Provision Fund aus einer kleinen extra Gebühr, die jeder Kreditnehmer zahlen muss (oft in der Höhe gestaffelt nach Bonität). Diese Beträge werden dann in einem großen ‚Topf‘ gesammelt und daraus denn bei Ausfall von Krediten Zahlungen an die betroffenen Anleger geleistet.

Aus rechlichen Gründen ist die Auszahlung durch den Fund i.d.R. discretionary, d.h. es besteht kein Rechtsanspruch auf Zahlung bei Ausfall, sondern es liegt im Ermessen der Entscheider die den Fund verwalten. Das dient aber nur dazu, zu vermeiden, dass der Fund regulatorisch als Versicherung eingestuft wird. In der Praxis haben die jeweiligen Funds bisher immer pünktlich alle Zahlungen geleistet. So wirbt denn auch Ratesetter damit, dass kein Anleger je einen Penny verloren habe. Das Risiko bestand wenn überhaupt nur darin, dass der Fund erschöpft werden könnte und leer wäre, wenn zu viele Kredite ausfallen.

Aktuell scheint sich aber ein Trend zur Abschaffung der Provision Funds zu zeigen. Zopa wird den Safeguard Fund für neue Kredite bis Dezember 2017 schrittweise nicht mehr anbieten. Für bestehende Kredite besteht die Deckung aber weiterhin.

Und heute hat ein anderer Marktplatz, Wellesley umfassende Änderungen verkündet. Eine davon ist ebenfalls der zukünftige Wegfall des Provision Funds. Co-Founder Andrew Turnbull sagte diese Entwicklung sei eine Folge des Wunsches der Regulierungsbehörde, dass die Dynamik von P2P Krediten unverändert an die Anleger weitergegeben wäre (‚… this move reflected the desire of the regulator to see the exact dynamics of P2P loans passed through to investors…‘).

In der Tat formuliert die neue Regulierung neue Anforderungen an die Anbieter. Aber ein Verbot/Verzicht von/auf Provision Funds scheint nicht zwingend zu sein. Lending Works zum Beispiel betreibt weiterhin seinen Provision Fund und hat dennoch die volle FCA Genehmigung erreicht. Möglich wäre auch, dass das Modell Provision Fund sich aus Sicht der betreffenden Marktplätze überholt hat, bzw. als zu aufwändig oder unflexibel erwiesen hat, und ihnen der neue Genehmigungsprozess einfach ein gutes Argument liefert sich von diesem zu verabschieden.

Auf dem Kontinent sind Provision Funds mit Kapitalstock seltener, doch auch hier finden sich verschiedene Anbieter im Datenbank Vergleich von P2P-Kredite.com.