Warum der Fall Collateral auch deutschen Anlegern als warnendes Beispiel dienen sollte, obwohl fast keiner hierzulande betroffen ist.

Vor 3 Monaten hatte ich vermeldet, dass die britische Plattform Collateral ihr Geschäft einstellen musste und ein Insolvenzverwalter die Aufsicht übernommen hatte. Damals sah es noch ganz gut aus, der Insolvenzverwalter ging davon aus, dass eine hohe Chance bestand, dass alle Anleger das in Kredite investierte Geld zurückbekommen würden.

Seitdem sind 3 Monate vergangen, getan hat sich einiges, aber leider nicht viel davon können die Anleger als gute Nachrichten für sich verbuchen. Die britische Aufsichtsbehörde FCA hat durchgesetzt, dass der erste Insolvenzverwalter (dem von Einzelnen zu große Nähe zum ehemaligen Collateral Management unterstellt wird) durch die Firma BDO ersetzt wurde. Am Rande: Es scheint keine Ausschreibung durch die FCA für diese Aufgabe gegeben zu haben und es ist (mir) völlig unklar warum gerade die BDO von der FCA als Ersatz vorgeschlagen wurde? Kann man somit der BDO zu große Nähe zur FCA unterstellen?

Der große Paukenschlag kam dann heute. Die BDO teilt den betroffenen Anlegern u.a. mit

  • Dass anscheinend die Plattformdaten aus denen hervorgeht welcher Anleger in welche Kredite investiert hat (im Moment) nicht mehr verfügbar sind ‚Whilst the information that has been retrieved by the Joint Administrators to date contains details of the investors and their total loan exposure, it does not provide sufficient detail to extract an analysis of each investor’s investments into specific loans or tranches of loans. The Joint Administrators’ investigations to recover further information are continuing, and we will update investors in due course.‘
  • Dass viele Kreditnehmer in laufenden Krediten die Zahlungen nicht geleistet haben ‚According to the Companies’ records available to the Joint Administrators, a significant portion of the loans are now past their redemption date. Now that the loan documentation has been obtained, the Joint Administrators have written to the borrowers seeking repayment of the loan amounts together with any additional interest as may be applicable.‘
  • und dass Anleger vermutlich als Kreditgeber an den Marktplatz statt als Inhaber von Forderungen aus Krediten an die Kreditnehmer behandelt werden werden. ‚Will investors be treated as creditors? From the information currently available, the initial view of the Joint Administrators’ lawyers is that investors will be treated as creditors of the Companies as a consequence of s26 of the Financial Services and Markets Act 2000. A further update will be provide in the Joint Administrators’ proposals to creditors, which are due to be issued on or before 22 June 2018..

Selbst diese – sehr kurze – Zusammenfassung durch mich spiegelt wider, dass die Lage ziemlich chaotisch ist. Wen Details interessieren, der kann mit diesem Forum Thead anfangen: ‚ Collateral Erfahrungen (UK) Insolvenz‘ und findet dort auch weiterführende Links.

Nun war Collateral bei deutschen Anleger nie ein bekannter oder beliebter Marktplatz. Auch wenn deutsche Anleger betroffen sind, dürften es nicht mehr als einige Dutzend sein. Die Anleger stammen sehr überwiegend aus UK.

Warum schreibe ich dann in der Überschrift, dass dieser Fall auch für deutsche Anleger ein wichtiges warnendes Beispiel sein sollte?

Dazu abstrahieren wir vom konkreten Fall auf die Rahmenparameter:

  • Es handelte sich um genau beschriebene Kredite, überwiegend mit Sicherheiten (Immobilien)
  • Es gab/gibt in UK spezifische Regulierung für P2P Kredite und eine extra dafür zuständige Aufsichtsbehörde
  • Das Ganze in einem stabilen Rechtsumfeld mit unabhängiger Justiz

Somit wäre anzunehmen gewesen dass der Kollaps eines Marktplatzes zu einer ‚relativ geordneten‘ Abwicklung führen würde.

Wie sich immer mehr zeigt ist das genaue Gegenteil der Fall.

Aber nochmal, warum jetzt warnendes Beispiel?

Andere Marktplätze operieren in anderen Märkten wo die Erwartungshaltung (oder auch das Vorurteil) über eine geordnete Abwicklung eher anders ausfällt. Viele Anleger vertrauen den angepriesenen Buybackgarantien als Sicherheitsmechanismus. Wenn ich dann darauf hinweise, dass diese Buybackgarantie ein Versprechen ist, dass nur so gut ist wie die wirtschaftliche Lage, desjenigen der sie gibt (siehe Eurocent) kommt als nächstes Argument der Anleger, dass im sehr unwahrscheinlichen Fall eines Falles ja eine direkte Beziehung zum Kreditnehmer bestünde und der dann ja den Kredit weiterzahlen müsse.

Scheint aber bei Collateral im geregelten England schon nicht zu funktionieren. Wenig überraschend haben viele Kreditnehmer die Zahlungen eingestellt nachdem sie von den Problemen bei Collateral hörten. Schon sehr viel überraschender fehlen nun Aufzeichnungen und der Insolvenzverwalter geht davon aus, dass entgegen dem ursprünglichen Konstrukt die Ansprüche der Anleger sich nun gegen den Marktplatz richten sollten (unbesichert) statt gegen den Kreditnehmer (überwiegend besicherte Kredite).

Noch extremer wird es wenn in einzelnen Diskussionen neue P2P Kredit Anleger doch tatsächlich bestimmte P2P Kredit Angebote als Tagesgeltalternative einstufen und sehen.

Zwar ist das letzte Wort im Fall Collateral nicht gesprochen, mit hoher Wahrscheinlichkeit werden vor allem Anleger, bei denen es um größere Summen geht, schlussendlich Rechtsmittel ergreifen, aber der Fall zeigt schon sehr exemplarisch wie weit der tatsächliche Abwicklungsprozess sich von dem unterscheiden kann, den die Anleger (zu Recht) erwarteten als sie anlegten, weil er Ihnen so beschrieben wurde und durch die Regulierung zumindest suggeriert wurde.

8 Gedanken zu „Warum der Fall Collateral auch deutschen Anlegern als warnendes Beispiel dienen sollte, obwohl fast keiner hierzulande betroffen ist.“

  1. Vielen Dank für den Beitrag, der sehr schön zeigt, dass es doch Risiken im P2P-Bereich gibt! Es wiederholt sich bei vielen Anleger jedoch immer wieder. Anstatt sich professionell beraten zu lassen setzt man auf das eigene „Wissen“. Fälle wie Prokon wird daher immer wieder geben. Diesmal heißt der Fall Collateral…

  2. Hallo Claus

    Danke für deinen Artikel – bin doch immer wieder überrascht welche P2P Quoten >20% empfohlen und als wie sicher „Buyback“ oder Go&Grow empfunden werden – der alte Spruch Rendite kommt von Risiko (das auch immer wieder eintritt) scheint nicht mehr zu gelten… Und auch danke das ich das bei dir lesen kann – der ja auch viele Leser _und_ Affiliate Links auf seiner seite hat das steigert mein Vertrauen ;)

    Ich habe ihn gleich auch mal in der Liste meiner „Risiken“ mit aufgenommen http://p2p-game.com/p2p

    • Natürlich gibt es bei der Anlage in P2P Kredite erhebliche Risiken. Und die werden auch diskutiert. Die Psyche des Menschen neigt nur dazu die Risiken gerne „auszublenden“ und zu verdrängen und sich auf den angestrebten Profit zu fokussieren.
      Was die Quote angeht. Ich persönlich halte 10-20% Diversifikation neben ETFs/Aktien für sinnvoll. Für manche sind das Immobilien, für andere Anleihen oder halt Invest in P2P Kredite. Somit vielleicht 10-15% P2P wenn man noch einen Teil in Cash und einen sehr kleinen Rest für extrem riskante Sachen wie z.B. Crowdinvesting einplanen möchte

      • Hm? Also gar nichts in Tages/Festgeld? Klar sind die Zinsen da momentan mickrig, aber ETFs als risikoärmster Bestandsteil des Portfolios…? Dazu bin ich zumindestens bei weitem zu sicherheitsaffin.

  3. Hi Claus,

    das ist schon richtig krass, dass das so einfach funktioniert und die Anleger jetzt quasi leer ausgehen. Das wird sicherlich nicht die letzte Plattform gewesen sein. Danke für die Informationen!

    Viele Grüße

    Lars

    • Hi Lars,

      ob die Anleger wirklich leer ausgehen bleibt abzuwarten. Das wäre sicher der worst case. Es geht halt rapide abwärts für die Collateral Anleger, denn der erste Insolvenzverwalter hatte in einem initialen Statement noch Zuversicht verbreitet, dass voraussichtlich alle Anleger mit vollständiger Rückzahlung rechnen könnten.
      Es sieht zumindest so aus als ob sich die Klärung sehr lange hinziehen könnte und somit relativ lange Ungewissheit für die Anleger herrschen wird, wieviel sie wiederbekommen.

  4. Ich denke alle neuen Start Ups sind ANFANGS am Risikoreichsten.
    Bei den grösseren etablierten Plattformen,fals einer von denen Hops gehen sollte,wird es vermutlich deutlich weniger schlimm sein..(hoffe ich zumindest)
    Bei den kleineren insbesonderen sehr jungen Plattformen,ist viel Platz für Manipulation,oder zu wenig Ertrag zu erwarten.
    Hat etwas ähnlichkeiten mit Mintos :-
    -Eurocent neues Mitglied nach kurzer Zeit rausgefliogen.
    Colateral nach kurzer Zeit FCA Mietglied entzogen (rausgeflogen)
    Der Name sagt schon alles : Collateral gleich Collateral -Schaden ( Miltär Bezeichnung)
    Für die Zukunft ist es wichtig ein System oder top 10Plattformen zu entwickeln,die NICHT so Enden wie Collateral
    ZB Top TEN Vergleich Kriterien Sicherheit(FCA;Grösse der Plattform,Umsatzvolumen,wenig bedrohende Konkurenz,Absicherung im Insolvenzfall ,Kreditstrukturen Direkt ,Tragfähigkeit, Nachhaltigkeit, Expansion,Nicht Abhängig von der Börse zusein(siehe Eurocent)Transparenz ,Eigenkapital und nebenbei eine Priese möchtegern Sicherheit Buyback)

    • Der Name Collateral hat in diesem Fall die Übersetzung Pfand/als Sicherheit hinterlegter Gegenstand. Collateral hat mit Krediten angefangen, die mit als Pfand hinterlegtem Schmuck besichert sind. (Der Schmuck ist auch noch in Verwahrung)

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