DIY Immobilienfonds für Einsteiger und Profis – Bau dir dein eigenes Crowdinvesting-Portfolio

Dies ist ein Beitrag von David im Rahmen des P2P Kredite Schreibwettbewerb 2019

Vielleicht investierst du ja im P2P Bereich bereits in Verbraucherkredite und Unternehmen, suchst jetzt aber nach Investitionen, die mehr Sicherheiten bieten. Oder du gehörst zu denen, die über 2,5 Billionen Euro an Privatvermögen unverzinst auf Tagesgeldkonten und Sparbüchern rumliegen haben, so wie es Focus online im Juni schrieb. Du weißt, dass sich an den Zinsen höchstwahrscheinlich auch in den kommenden Jahren nichts ändern wird und deswegen suchst Du nach einer Alternative für deine Geldanlage, die dir endlich mal Rendite bringt. Oder du hast dein Investorenauge bereits auf Immobilien geworfen und suchst nach einem sinnvollen Baustein für die konkrete Umsetzung deiner Anlagestrategie. In jedem Fall ist dieser Artikel etwas für dich.

Wer sein Geld in Immobilien anlegen will, stößt bei seiner Suche höchstwahrscheinlich zu allererst auf Offene Immobilienfonds (abgekürzt OIF). Diese Anlageform gibt es in Deutschland schon seit 60 Jahren und sie liegt aktuell voll im Trend: Allein im ersten Quartal dieses Jahres gab es Nettozuflüsse von rund 3 Milliarden Euro, was dazu beigetragen hat, dass die Publikumfonds Ende März ein Nettovermögen von 101,1 Milliarden Euro aufgewiesen haben. (Quelle: Statistik des Fondsverbandes BVI). Die Durchschnittsrendite offener Immofonds ist – wie die aktuelle Marktstudie von Scope Analysis zeigt – auf 3,1% geklettert und für die nächsten Jahre werden 2,5% bis 3% prognostiziert. Wieso geht dieser Beitrag jetzt nicht einfach mit einigen begeistert anmoderierten Links zu den besten OIFs zu Ende? Zum einen sind OIFs nicht so liquide wie man denken mag, da eine Mindesthaltefrist von zwei Jahren sowie eine einjährige Kündigungsfrist gilt, wenn die Anteile an die Fondsgesellschaft zurückgegeben werden. Alternativ ist der börsliche Handel möglich, bei dem die Anteilspreise jedoch Angebot und Nachfrage unterworfen sind und dementsprechend schwanken. Der Hauptgrund ist jedoch, dass mit Immobilien weit mehr Rendite möglich ist.

Und da kommt jetzt Immobilien-Crowdinvesting ins Spiel. Es winken Renditen von 5% bis 15% bei einer durchschnittlichen Laufzeit von unter 24 Monaten. Wie man anhand der Rendite schlussfolgern kann, liegt das Risiko natürlich ungleich höher als bei OIFs. Realistisch betrachtet muss man bei Schwarmfinanzierungen sogar mit dem Totalausfall von Projekten rechnen. Wie kann ich mich dagegen absichern bzw. das Risiko auf ein Minimum reduzieren? Viele Crowdinvesting-Projekte in einem gemeinsamen Fonds zu mischen, um so das Risiko zu streuen – das wär’s! DIY – „do it yourself“ oder „mach’s selber“ – liegt heute voll im Trend. Es gibt unzählige DIY Ratgeber für Einladungskarten, Wohndekoration und was-weiß-ich-noch-alles. Dieser Artikel ist ein kurzer Ratgeber für deinen DIY Immobilienfonds – bau dir dein eigenes Crowdinvesting-Portfolio!

diy immobilienfond
Abb. 1: DIY Immobilienfonds (Bilder von oben links im Uhrzeigersinn von Peter H, Pexels, giovanni gargiulo und analogicus auf Pixabay; DIY Stempel (c) Can Stock Photo / roxanabalint)

Wie weit hat sich Immobilien-Crowdinvesting als Anlageform in Europa bisher etabliert? Hier ein Steckbrief zu drei etablierten Märkten: Auf unserem heimischen Markt wurden seit 2012 für die Finanzierung von 408 Projekten insgesamt 547 Millionen Euro eingesammelt (Quelle: crowdinvest.de). In Frankreich ging es ebenfalls 2012 los und es wurden 507 Millionen Euro in 1029 Projekte investiert (Quelle: hellocrowdfunding.com). In Estland, in dem viele innovative Fintech-Unternehmen angesiedelt sind, wurden bei den beiden größten Plattformen bisher 193 Millionen Euro in 981 Projekte gesteckt (Quelle: estateguru.com *und crowdestate.eu*).

In diesen drei europäischen Märkten (Deutschland, Frankreich, Estland) wurden seit 2012 demnach mehr als 2.400 Projekte durch mehr als 1,2 Milliarden Euro mitfinanziert.

Meine eigenen Erfahrungen dazu: Anfang 2017 habe ich nach Alternativen zu OIFs gesucht, die mir eine höhere Rendite als 2 bis 3% bieten, und bin dabei auf Immobilien-Crowdinvesting gestoßen. Bisher habe ich in 182 Projekte auf 16 Plattformen mit Sitz in Deutschland, Österreich, Frankreich, Estland, Spanien und Großbritannien investiert. 105 erfolgreiche Rückzahlungen konnte ich seitdem verzeichnen. Zwei höchstwahrscheinliche Ausfälle habe ich zu beklagen – auf der insolvent gegangenen britischen Plattform Lendy – glücklicherweise mit kleinen Beträgen.

Beim Vergleich von OIFs und Immobilien-Crowdinvesting sei darauf hingewiesen, dass OIFs im Allgemeinen ihre Einnahmen hauptsächlich aus Mieten speisen, indem sie Immobilien erwerben und dann jahrelang verwalten und bewirtschaften. Crowdinvestments sind in der Mehrheit Immobilienentwicklungsprojekte, bei denen Immobilien neu gebaut oder zumindest umgebaut und dann sofort veräußert werden. Dieser Unterschied verschwimmt jedoch zunehmend, weil einige OIFs in letzter Zeit auch vermehrt Entwicklung betreiben, da kaum geeignete Objekte zum Kauf stehen. Gleichzeitig gibt es auch immer mehr Crowdinvesting-Anbieter, bei denen man sich über einen längeren Zeitraum an Bestandsimmobilien beteiligen und somit am Gewinn der Vermietung partizipieren kann.

DIY Immobilienfonds

Drei mögliche DIY Immobilienfonds / Portfolios möchte ich euch gern vorstellen. Dadurch soll veranschaulicht werden, wie Renditen von fast 10% erzielt werden können und gleichzeitig das Risiko durch Streuung über verschiedene Märkte und Plattformen reduziert werden kann – getreu dem Motto „Lege nicht alle Eier in einen Korb“ oder „Setze nicht alles auf ein Pferd“. Der Einfachheit halber wird innerhalb eines Portfolios jeweils derselbe Betrag pro Projekt investiert. Dieser Betrag entspricht dem höchsten Mindestinvest der gewählten Plattformen innerhalb des jeweiligen Portfolios. Und es wird eine Laufzeit von 24 Monaten bei allen Projekten angenommen. Nach der Erläuterung zu den drei DIY Immobilienfonds-Varianten werden die vorgeschlagenen Plattformen noch einmal tabellarisch mit einigen Basisinformationen aufgelistet.

1. Einsteiger

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Abb. 2: Einsteiger Portfolio – Aufteilung nach Plattformen

Das Einsteiger Portfolio ist für diejenigen geeignet, die erste Erfahrungen mit Immobilien-Crowdinvesting sammeln und dabei von Anfang an mit überschaubarem Zeitaufwand eine gewisse Streuung erzielen möchten. Es werden 2.000 Euro auf 20 Projekte aufgeteilt und dabei eine jährliche Rendite von 9,75% angestrebt:

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Abb. 3: Einsteiger Portfolio – Details

Warum werden Bergfürst* und Crowdestate* vorgeschlagen?

  • Der geringe Mindestinvest von 10 Euro (Bergfürst) und 100 Euro (Crowdestate) ermöglicht es, mit kleinen Beträgen einzusteigen
  • Es werden zwei Märkte abgedeckt – Deutschland und Estland – wobei die Plattformen zusätzlich auch Projekte in Österreich, Italien, Spanien, Lettland und Finnland anbieten
  • Beide Plattformen bieten auf ihrer Website einen Zweitmarkt, so dass Anteile auch vor dem Ablauf der Laufzeit verkauft werden können
  • Die Webseiten sind grundsätzlich auf Deutsch, abgesehen von einigen Projektdetails bei Crowdestate, die nur auf Englisch veröffentlicht werden
  • Die Zinsgutschrift erfolgt nicht erst am Ende der Laufzeit, sondern halbjährlich (Bergfürst) oder je nach Projekt monatlich, quartalsweise, halbjährlich oder jährlich (Crowdestate). Als ich mit Crowdinvesting angefangen habe, habe ich mich sehr gefreut, innerhalb von kurzer Zeit erste Zahlungen zu erhalten. Vielleicht geht es euch ebenso – dann ist diese Portfolio-Variante ein guter Ansatz.

2. Fortgeschrittene

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Abb. 4: Fortgeschrittene Portfolio – Aufteilung nach Plattformen

Das Fortgeschrittene Portfolio erfordert schon etwas mehr Pflegeaufwand, da die Anlagesumme über 40 Projekte auf 4 Plattformen verteilt wird. Die durchschnittliche jährliche Rendite liegt hier bei 8,90%:

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Abb. 5: Fortgeschrittene Portfolio – Details

Wie kommt die Auswahl der Plattformen zustande? Zusätzlich zu den im Einsteiger-Portfolio genannten Gründen zur Auswahl von Bergfürst und Crowdestate kommen folgende hinzu:

  • Der bei den vier Plattformen höchste Mindestinvest liegt noch relativ niedrig bei 250 Euro (Dagobertinvest*). So können 10.000 Euro auf 40 Projekte aufgeteilt werden.
  • Es werden vier Märkte abgedeckt – Deutschland, Österreich, Frankreich und Estland – wobei die Plattformen zusätzlich auch Projekte in Italien, Spanien, Lettland und Finnland anbieten
  • Dagobertinvest *ist Marktführer in Österreich
  • Wiseed ist Branchenprimus in Frankreich und bietet gleichzeitig den niedrigsten Mindestinvest der französischen Portale (siehe auch Tabelle weiter unten)

Diese Variante mag für diejenigen interessant sein, die Immobilien zu einem festen Bestandteil ihrer Anlagestrategie machen wollen.

3. Profi

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Abb. 6: Profi Portfolio – Aufteilung nach Plattformen

Die dritte Portfolio Variante Profi streut über 80 Projekte von 8 Anbietern. Wenn man auf so vielen unterschiedlichen Plattformen unterwegs ist, erfordert dies schon einen gewissen Zeitaufwand. Durch diese Streuung wird das Risiko jedoch signifikant reduziert und die zu erwartende Rendite liegt bei erfreulichen 9,50%:

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Abb. 7: Profi Portfolio – Details

Wie kommt die Auswahl der Plattformen zustande? Zusätzlich zu den in den beiden obigen Varianten genannten Gründen kommen folgende hinzu:

  • Es werden dieselben vier Märkte abgedeckt wie im Fortgeschrittenen Portfolio, jedoch wenn möglich auf mehrere Plattformen verteilt – Deutschland (Bergfürst*, Exporo*) , Österreich (Dagobertinvest*), Frankreich (Clubfunding, Fundimmo) und Estland (Crowdestate*, Estateguru*, Bulkestate*).
  • Die drei estnischen Plattformen bieten einen Autoinvest, der unter Vorgabe verschiedener Kriterien das verfügbare Kapital automatisch in Projekte investiert. Dies reduziert den zeitlichen Pflegeaufwand dieses Portfolios.

Wer diese Variante umsetzen möchte, benötigt einen größeren Kapitalstock, da der höchste Mindestinvest bei 1.000 Euro liegt und dieser Betrag daher als Investitionssumme bei allen Projekten verwendet wurde. Es soll dadurch illustriert werden, dass selbst größere Summen diversifiziert in Immobilien investiert werden können.

Die Portfolionamen Einsteiger, Fortschrittene, Profi zielen übrigens nicht auf den Wissenstand, die Erfahrung oder die Kompetenz des Investors ab. Es sollen lediglich verschiedene Varianten je nach Grad der Diversifizierung und dem Investitionsbetrag pro Projekt dargestellt werden. Pfeffersteuer, Salzstreuer und Gießkanne hätten auch irgendwie gepasst. Ich fand die gewählten Namen aber schon professioneller; das liegt natürlich im Auge des Betrachters 😊.

Ziel

Ziel der drei dargestellten DIY Immobilienfonds ist nicht unbedingt die 1:1 Umsetzung; obwohl das natürlich möglich ist. Es sind vielmehr Beispiel-Portfolios. Die Grundidee dabei ist, dass sich jeder Investor seinen eigenen DIY Immobilienfonds nach individuellen Kriterien zusammenstellen und dabei unter Beachtung des Mindestinvests die gewünschte Streuung über verschiedene Märkte und Plattformen realisieren kann. Die Auswahl der Plattformen, die Anzahl der Projekte pro Plattform und natürlich auch der Invest pro Projekt sind beliebig veränderbar.

Ein Portfolio „zusammenzubauen“ entspricht daher nicht so sehr dem peniblen Folgen einer Billyregal-Bauanleitung von Ikea, wo jedes Resultat identisch sein sollte, wenn man es richtig gemacht hat. Sondern es ähnelt eher dem Mischen von Farben, mit denen ein einzigartiges Gemälde entsteht. Der Ansporn soll daher sein, dein individuelles „Gemälde“ entsprechend deiner Lebenssituation, deiner Risikoneigung, dem gewünschten Investitionsvolumen und deinen Vorlieben anzufertigen.

Top-Plattformen

Die in den Portfolio-Varianten genannten 9 Plattformen gehören meiner Meinung nach zu den Top-Plattformen in Europa, obwohl es natürlich dutzende andere Anbieter gibt. Auf allen Plattformen kann man in Euro investieren, so dass Währungsrisiken vermieden werden. Außerdem werden genügend neue Projekte angeboten, so dass man seine Investitionen in einem überschaubaren Zeitrahmen unterbringen kann. Bei der Auswahl der Plattformen ist der Track Record ein elementarer Faktor für mich (siehe Punkt 2 in diesem Beitrag). Wer sich vielleicht etwas über die bei uns weniger bekannten französischen Plattformen wundert, kann in demselben Beitrag auch erfahren, aus welchen Gründen ich ein Faible dafür habe.

In der folgenden Tabelle werden die Plattformen mit einigen Basisinformationen dargestellt:

übersicht top immobilienplattformen europa
Abb. 8: Übersicht Immobilien Top-Plattformen in Europa

Es gibt natürlich weitere wichtige Kriterien zur Auswahl von Plattformen, über die man sich als Investor informieren sollte. Auch wenn das nicht erschöpfend in diesem Beitrag betrachtet werden kann, möchte ich noch folgende Punkte kurz erwähnen:

  • Kosten: Nur bei Wiseed fallen 0,9% Kosten pro Investment an, auf allen anderen Plattformen entstehen dem Investor keine Kosten.
  • Automatischer Steuerabzug auf Zinsen: Bei Bergfürst kann ein Freistellungsauftrag erteilt werden, wenn kein automatischer Steuerabzug auf Zinsen gewünscht ist. Die französischen Plattformen ziehen keine Steuern ab, wenn man als deutscher Investor validiert ist (Erläuterungen dazu findet ihr in diesem Artikel). Alle anderen Plattformen zahlen die Zinsen per se ohne Abzug von Steuern an den Investor aus und überlassen ihm die Deklarierung gegenüber den Finanzbehörden.
  • Finanzierungsmodell / Sicherheiten: Je nach Plattform werden unterschiedliche Finanzierungsmodelle und Sicherheiten angeboten. Es ist also empfehlenswert, sich die Plattformen genauer anzuschauen, bevor man diese als dauerhaften Baustein seiner Anlagestrategie verwendet.

Benötigter Zeitraum für die Investitionen

Bei allen drei vorgestellten Portfolio-Varianten werden ca. 3 – 6 Monate benötigt, um die gewünschte Anlagesumme vollständig unterzubringen. Wie ist das möglich? Da in jeder Variante pro Plattform jeweils dieselbe Anzahl Projekte finanziert werden, nämlich 10. Bei einem groben Durchschnitt von einem Projektangebot pro Woche auf jeder Plattform und der Annahme, dass jedes zweite Projekt als passend fürs Portfolio betrachtet und daher ausgewählt wird, werden 20 Wochen benötigt – also knapp 5 Monate.

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Investieren im beliebtesten Reiseland der Welt – Plattformen, Projekte, Probleme

Dies ist ein Beitrag von David im Rahmen des P2P Kredite Schreibwettbewerb 2019

Das beliebteste Reiseland der Welt mit 93,6 Millionen Besuchern in 2018 ist … Frankreich. Und das unangefochten schon seit einigen Jahren. Deutschland liegt übrigens auf Platz 8 mit 39 Millionen Touristen. Das Motto ist also: Erfolgreich investieren wo andere – und ihr selbst vielleicht auch – Urlaub machen!

Französich Polynesien
Abb. 1: Französisch-Polynesien ist ein französisches Überseegebiet – und gehört damit wirklich zu Frankreich 😊 (Bild von Julius Silver auf Pixabay)

Dieser Artikel konzentriert sich auf die 3 Ps aus dem Titel: Zuerst werden die Besonderheiten einiger französischer Crowdinvesting Plattformen und der darüber finanzierten Projekte präsentiert. Dann wird auf die Probleme und Herausforderungen für Investoren aus deutschen Landen eingegangen. Mein Ziel ist es, euch bei der Entscheidung zu helfen, ob diese Art des Investments was für euch sein kann.

Hinweis: Dies ist der Folgeartikel zu 5 überzeugende Argumente, mit denen Frankreich mein Investorenherz erobert hat, der die Pluspunkte im Allgemeinen in den Fokus gestellt hat. Alle Angaben beziehen sich ausschließlich auf Crowdinvesting in Immobilienentwicklungsprojekte und nicht auf Investitionen in Verbraucherkredite, Unternehmen oder Produkte.

1 Plattformen und Projekte

Crowdinvesting mit Schwerpunkt Immobilien existiert in Frankreich seit 2012 und es gibt mittlerweile 35 Plattformen:

PlattformenAbb. 2: Plattformen (Quelle: hellocrowdfunding.com)

Bisher wurden 978 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 486 Mio. € finanziert und die Top-Plattformen weisen einen erstaunlich guten Track Record auf. Details dazu bitte im vorherigen Artikel nachlesen.

1.1 Rendite und Kosten

First things first: Die durchschnittliche jährliche Rendite liegt bei erfreulichen 9,7%. Wie von deutschen und baltischen Plattformen gewohnt, entstehen den Investoren generell keinerlei Kosten. Ausnahme ist Wiseed, die aktuell 0,9% des Finanzierungsbetrags einmalig in Rechnung stellen. Vereinfacht gerechnet sinkt dadurch die reale Rendite eines Projekts, das 10% jährlich über 24 Monate bietet, auf effektiv 9,55% jährlich.
Die meisten Projekte werden mit endfälliger Zins- und Kapitalrückzahlung angeboten. Es gibt aber auch Finanzierungsrunden mit monatlichen Zinszahlungen (Clubfunding) und jährlichen Tilgungen (Wiseed).

1.2 Offen für deutsche Investoren?

Kommen wir gleich zur 1. Hürde: Welche Plattformen im Nachbarstaat sind offen für deutsche Investoren? Ich habe versucht mich auf 5 Plattformen als deutscher Investor registrieren und validieren zu lassen. Geklappt hat das bei Wiseed, Clubfunding, Fundimmo und Weeximmo. Bei Anaxago war ich nicht erfolgreich, da sie zur Zeit nur französische Investoren annehmen. Dieser Beitrag basiert daher im Wesentlichen auf meinen Erfahrungen mit den 4 genannten Plattformen. Ziel ist es, einen Überblick über diese französischen Anbieter zu geben und Unterschiede zu euch wahrscheinlich eher bekannten deutschen und baltischen Plattformen herauszustellen. Dies ist daher kein Review der einzelnen Plattformen.

1.3 Registrierung und KYC („Know Your Customer“)

Die Registrierung erfolgt, so wie auf anderen Plattformen auch, mit Email und Passwort oder auch per Facebook, Google oder LinkedIn Account. Nach der Registrierung hat man Zugriff auf die detaillierten Projektdetails zu laufenden und auch abgeschlossenen Finanzierungsrunden. Investieren ist aber erst nach der Freischaltung als Investor möglich. Der Nachweis der Identität erfolgt über das Hochladen von Reisepaß oder Personalausweis, so wie man es auch von baltischen Plattformen kennt. Um den lokalen gesetzlichen Bestimmungen Genüge zu tun, müssen einige Fragen zur persönlichen finanziellen Situation und Erfahrung als Investor beantwortet werden, ähnlich der Selbstauskunft zur Depoteröffnung bei einem deutschen Finanzinstitut. Die Beantwortung kann einige Zeit in Anspruch nehmen, da man teilweise etwas recherchieren muss, um mit der Terminologie klarzukommen – es sein denn, ihr seid damit besser vertraut als ich und könnt das direkt ausfüllen. Etwas speziell ist auch der zusätzlich geforderte Nachweis des Wohnsitzes; dies kann über das Hochladen einer Strom- oder Telefonrechnung oder eines anderen Dokuments erfolgen, das von der Plattform akzeptiert wird. Danach werden die eingegebenen Daten und hochgeladenen Dokumente von Mitarbeitern überprüft und bei positivem Ausgang der Account zum Investieren kurzfristig freigeschaltet.

1.4 Investitionsprozess

Neue Projekte werden in der Regel einige Tage zuvor per Email angekündigt. Dann kann man ebenfalls per Email die detaillierten Projektinformationen anfordern, die normalerweise recht zügig zugesandt werden; oftmals als Exposé im PDF Format. Auf der Webseite werden die Projektinformationen je nach Plattform in unterschiedlicher Detailtiefe präsentiert. Zum Investitionsstart muss man sich als validierter Investor auf dem Portal anmelden und kann dann den gewünschten Investitionsbetrag eingeben und damit ein verbindliches Beteiligungsangebot abgeben. Damit sollte man sich grundsätzlich beeilen, da die Finanzierungen teilweise innerhalb von wenigen Minuten abgeschlossen sind; in anderen Fällen kann es auch einige Stunden oder Tage dauern. Diese Zeitkomponente ist auf deutschen und baltischen Portalen jedoch häufig auch nicht anders. Eine Abweichung vom teutonischen Standard ist da schon eher die eigenhändige Unterschrift, die auf einigen Portalen sowohl bei der Abgabe des Beteiligungangebots als auch bei erfolgreichem Abschluss der Finanzierung einige Tage später gefordert wird; alles natürlich online. Wenn die Finanzierung des Projekts abgeschlossen wurde, werden die Beteiligungen gezeichnet und die Investoren informiert.
So wie von Exporo, Bergfürst und Zinsland gewohnt, muss der Investitionsbetrag dann per SEPA Überweisung transferiert werden. Nur bei Wiseed erfolgt die Investition vom virtuellen Konto des Accounts, das zuvor mit entsprechendem Guthaben versorgt werden muss – ähnlich wie bei Estateguru* und Crowdestate*. Bei erfolgreichem Geldeingang bekommt der Investor eine Email-Bestätigung und kann dann den Projektstatus in seinem Account mitverfolgen.

1.5 Projektauswahl

Die zu finanzierenden Objekte sind mehrheitlich Wohnimmobilien, aber auch Objekte mit gemischten Wohn- und Gewerbe-Flächen oder auch mit rein gewerblicher Nutzung wie Bürokomplexe, Einkaufszentren, Logistikobjekte oder Hotels. Und es werden auch Grundstückserschließungen projektiert. Ich persönlich bevorzuge Projekte mit bezahlbarem Wohnraum im mittleren Preissegment. Am besten noch in einer größeren Stadt. Dazu gibt es im Nachbarland glücklicherweise etliche Angebote.

Durchschnittswerte pro Projekt:

  • Laufzeit: 16 Monate
  • Finanzierungsvolumen: 500.000 €
  • Investition pro Investor: 3.000 bis 7.000 €
  • Jährliche Rendite: 9,7%

Jede Plattform hat ihre eigene Due Diligence Prüfung, die ein Projekt erfolgreich durchlaufen muss, um zur Finanzierung freigegeben zu werden. Die Informationen zu den einzelnen Projekten empfinde ich als sehr detailliert.

Ein direkter detaillierter Vergleich von Projekten in unterschiedlichen Märkten (Frankreich, Deutschland, Baltikum) ist zugegebenermaßen schwierig. Deswegen möchte ich lediglich folgende Besonderheiten der französischen Projekte und Projektdarstellungen herausstellen:

  • Oftmals sind es erfahrene Projektentwickler, die schon seit Jahrzehnten erfolgreich Immobilienprojekte umsetzen. Es gibt Informationen zu den Schlüsselpersonen des Projektentwicklers und in vielen Fällen werden sogar die Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen (GuV) offengelegt. Es können Kurzbilanzen sein, aber auch detaillierte Bilanzen und GuVs, teilweise sogar mit Vergleich über mehrere Geschäftsjahre. Wer diese Finanzberichte versteht, bekommt hier einen wichtigen Einblick in die finanzielle Situation und Geschäftstätigkeit der letzten Jahre.
  • Ein großes Plus ist die Vorverkaufsrate, die nicht selten über 50% liegt. Dies garantiert die Verkaufserlöse und ist bei Projekten auf deutschen und baltischen Plattformen in dieser Größenordnung eher selten.
  • Projektstand: Bei vielen Projekten ist zusätzlich zu den weit fortgeschrittenen Vertriebsaktivitäten das Grundstück bereits angekauft und auch die Baugenehmigung erteilt. Eine Besonderheit gibt es bei der Baugenehmigung: wird eine Baugenehmigung (permis de construire; Abkürzung PC) erteilt, kann sie innerhalb von 2 Monaten von Dritten angefochten und innerhalb einer 3 Monatsfrist auch von Amtes wegen zurückgezogen werden. Erst eine unanfechtbare Baugenehmigung (permis de construire purgé de tout recours) gibt also Planungssicherheit. Darauf sollte man meiner Meinung nach vor der Investition achten.
  • Die Projektfinanzierung und –kalkulation wird meistens transparent ausgewiesen. Welcher Kostenanteil wird durch Eigenkapital des Projektentwicklers, Crowdfinanzierung, Vorverkaufserlöse und Bankkredite gedeckt? Wie werden die Verkaufserlöse ermittelt und mit welcher Marge wird folglich kalkuliert? Die Marge ist interessanterweise in vielen Fällen niedriger als bei unseren heimischen Angeboten. Das sind wichtige Kennzahlen zur Einschätzung des Projektrisikos.
  • Abhängig von der jeweiligen Plattform können zusätzlich zum Exposé eine Vielzahl von Dokumenten mit weitergehenden Information heruntergeladen werden; z.B. Firmenpräsentation des Projektentwicklers inkl. Auflistung der bereits realisierten Projekte, Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der Muttergesellschaft des Projektentwicklers, Grundrisse, Außenansichten, etc.

1.6 Finanzierungsmodelle und Sicherheiten

Die Investoren zeichnen normalerweise eine Anleihe einer eigens für das Projekt geschaffenen Projektgesellschaft, einer Société Civile de Construction Vente (SCCV). Es gibt auch Modelle, die den Erwerb von Anleihen der Muttergesellschaft des Immobilienentwicklers vorsehen. Einige Plattformen fordern von der Muttergesellschaft eine gesamtschuldnerische Garantie für die Rückzahlung der Mittel über eine Garantie à Première Demande (GAPD). Zusätzlich wird das Ausfallrisiko des Auftraggebers während der Bauphase oftmals über eine Versicherungsgesellschaft oder eine Bank mittels einer Garantie Financière d’Achèvement (GFA) abgedeckt. Diese Garantien bedeuten nicht, dass es kein Risiko gibt, sie begrenzen es jedoch. Die Anleihen werden als eigenkapitalähnlich eingestuft und liegen daher im Rang hinter den Bankkrediten.

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5 überzeugende Argumente, mit denen Frankreich mein Investorenherz erobert hat

Dies ist ein Beitrag von David im Rahmen des P2P Kredite Schreibwettbewerb 2019

Um das gleich klarzustellen: Nein, ich bin kein heilloser Romantiker (meine Frau wird euch das gern mit allem Nachdruck bestätigen). Und ich bin auch kein bedingungsloser Frankreich-Fan. Aber wie ihr in diesem Artikel sehen werdet, ist unser Nachbarland aktuell ein sehr interessanter Markt für Investoren in Immobilien, an den man guten Gewissens sein Herz verlieren kann. Die Fokus-Leser („Fakten, Fakten, Fakten“) können gleich nach unten scrollen. Dort findet ihr meine Top 5 Gründe, warum ich über die Crowd in Immobilien in Frankreich investiere. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Alle Angaben in diesem Beitrag beziehen sich ausschließlich auf Crowdinvesting in Immobilienentwicklungsprojekte und nicht auf Investitionen in Verbraucherkredite, Unternehmen oder Produkte.

EifelturmAbb. 1: Eiffelturm, Paris (Bild von Pete Linforth auf Pixabay)

Warum Frankreich?

Immobilien in Frankreich sind generell ein interessantes Thema. Der Brand in Notre Dame vor einigen Wochen war eine nationale Katastrophe und hat sofort wohlhabende Spender dazu bewegt, ungeheure Summen für die Wiederinstandsetzung zur Verfügung zu stellen. Nicht ohne Grund sind die Franzosen stolz auf ihre weltbekannten Bauwerke wie Versailles oder auch den Eiffelturm, der mit seinen 324m interessanterweise übrigens mehr als 40 Jahre lang das höchste Bauwerk der Welt war. Vielleicht habt ihr ja auch einen Miniatur-Eiffelturm als Schlüsselanhänger …

Wie kam ich darauf, mich in Frankreich nach Immobilienprojekten umzuschauen? Das ist relativ einfach: Ich wollte meine Immobilieninvestitionen breiter streuen, da ich vorher hauptsächlich in Deutschland und im Baltikum investiert war. Deutschland scheint ein sicherer Markt zu sein, dafür bietet das Baltikum weitaus höhere Renditen in einem scheinbar weniger stabilen Markt. Deswegen war ich auf der Suche nach höheren Renditen als in Deutschland, die in einem stabileren Markt als dem Baltikum generiert werden können. Ach ja – durch meine Auslandserfahrungen spreche ich auch ganz gut französisch, was sicherlich ein Vorteil bei meinen Recherchen war.

Und warum schreibe ich jetzt über Frankreich? Weil es bisher erstaunlicherweise sehr wenig Informationen dazu auf deutschen Blogs und Portalen gibt. Zu den Plattformen in Deutschland und dem Baltikum wurde schon viel geschrieben, die französischen Plattformen wurden sträflich vernachlässigt – und das soll sich jetzt ändern! :-)


Und hier kommen sie: Meine Top 5 Gründe, warum ich über die Crowd in Immobilien in Frankreich investiere:

1. Rendite

So sieht die zu erwartende Rendite im Vergleich der lokalen Märkte aus:

Rendite nach Märkten
Abb. 2: Rendite nach Märkten (in %)

Hinweis: Diese Werte sind Näherungswerte zur einfacheren Darstellbarkeit und sollen nur eine grobe Markteinschätzung wiedergeben. Im Baltikum gab es früher weitaus höhere Renditen; aktuell liegen die durchschnittlichen Renditen neuer Projekte bei den beiden Marktführern bei ca. 12% (Estateguru* 11% und Crowdestate* 13%).

10% statt 6% sind natürlich ein gewichtiges Argument! Die logische Frage: Höhere Rendite wegen höherem Risiko? Aus meiner Sicht: Nicht unbedingt! Und jetzt wird es interessant. Um das Risiko besser einschätzen zu können, sollten wir uns den bisherigen Track Record anschauen – auf zu Punkt Nr. 2!

2. Track Record

Der „Track Record“ (die „Erfolgsbilanz“) bei Schwarmfinanzierung von Immobilien ist für mich die Anzahl der vollständig zurückgezahlten Projekte im Vergleich zu den überfälligen und ausgefallenen Projekten.
Als ich Anfang 2017 mein erstes Immobilieninvestment über die Crowd in Deutschland getätigt habe, gab es gerade mal 10 zurückgezahlte Projekte auf allen Plattformen in Deutschland. Da war eine Auswertung natürlich wenig sinnvoll. Heute sind das allerdings schon Projektvolumina, mit denen man was anfangen kann.

2.1 Track Record nach Märkten

In der folgenden Übersicht seht ihr die Anzahl der aktuell bereits finanzierten Projekte in den 3 ausgewählten Märkten Deutschland, Frankreich und Baltikum. Dabei wird nach Projektstatus unterschieden: (A) Das Projekt ist vollständig mit allen Zinsen zurückgezahlt, (B) die Rückzahlung ist aktuell verspätet oder (C) das Projekt ist aktiv und im Zeitplan.

Track Record
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bb. 3: Track Record in Anzahl Projekten nach Märkten (Deutschland, Frankreich, Baltikum).

Quellen: Deutschland Crowdinvest; Frankreich Hellocrowdfunding; Baltikum die Top-Plattformen Estateguru, Crowdestate, Bulkestate.

In Frankreich gibt es 2,5x so viele finanzierte Projekte (973 gegenüber 390) und 2,4x so viele erfolgreich abgeschlossene Projekte wie in Deutschland (362 gegenüber 154). Aber auch 2,7x so viele verspätete Projekte. Weisen 32 verspätete Projekte in Frankreich nicht auf ein höheres Ausfall-Risiko hin als die 12 in Deutschland? Nicht unbedingt, es kann sogar auf ein niedrigeres Risiko hinweisen. Warum? Die französischen Anbieter berichten transparent über verspätete und ausgefallene Projekte, während das in Deutschland nicht so offen kommuniziert wird und die Dunkelziffer entsprechend höher sein kann.

Warum wird die Kennzahl (B) „verspätet“ nicht weiter differenziert? Gute Frage! Der Indikator (B) kann sich tatsächlich auf Projekte beziehen, die einige Wochen oder Monate überfällig sind, aber auch auf Investments, die höchstwahrscheinlich oder tatsächlich ausgefallen sind. Kurz gesagt: Aufgrund der uneinheitlichen Kommunikation der einzelnen Plattformen habe ich mich für eine einzige Kennzahl „verspätet“ entschieden, um so Märkte und Plattformen einfacher miteinander vergleichen zu können.

Weil das ein für mich essentieller Punkt ist – und nicht umsonst meine Top 2 in diesem Beitrag – möchte ich diese Aussagen zur Transparenz kurz mit folgenden Fakten untermauern:

Die Statistikseiten der französischen Top-Anbieter WiSeed, Anaxago, Clubfunding und Fundimmo geben ausführliche Informationen, auch zu verspäteten Projekten. Der Track Record aller französischen Plattformen wird von Hellocrowdfunding sehr transparent dargestellt, da man dort die erfolgreich zurückgezahlten, aber auch die verspäteten und ausgefallenen Projekte pro Plattform auf einer Übersichtsseite einsehen kann.

Bei den deutschen Plattformen gibt es gar keine Statistikseiten, sondern nur grobe Informationen, so zu sehen auf der jeweiligen Homepage von Exporo*, Zinsland* und Bergfürst.  Die „Datenbank und Erfolgsmonitor für Crowdinvestments“ in Deutschland, Crowdinvest, weist aktuell 4 Projekte als „unklar“ aus, was darauf hinweist, dass diese ausgefallen sind bzw. höchstwahrscheinlich ausfallen werden. Zusätzlich weist die Datenbank 8 Projekte mit Zahlungsverzug aus; die meisten bezeichnenderweise ohne das Projekt oder die Plattform zu nennen. Die von diesen insgesamt 12 Projekten betroffenen deutschen Plattformen machen dazu entweder überhaupt keine Angaben im öffentlich zugänglichen Bereich ihres Internetauftritts, oder die Informationen sind so versteckt, dass sie potentiellen Investoren nicht sofort auffallen. Bei dieser bestenfalls als lückenhaft zu bezeichnenden Kommunikation der hiesigen Anbieter hat es mich nicht verwundert, dass nirgendwo offiziell berichtet wurde, als die endfällige Rückzahlung eines meiner Investments ca. 2 Monate später erfolgte als vereinbart.

Der Unterschied in der Transparenz auf den Märkten in Frankreich und bei uns mag in der rechtlichen Lage begründet sein. Die Erläuterungen auf Crowdinvest unter Zahlunsgverzug geben dazu einen interessanten Einblick.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die estnischen Plattformen Crowdestate und Estateguru den Status der Projekte detailliert ausweisen, wobei man bei Crowdestate als Investor angemeldet sein muss, um alle Details einsehen zu können.

Generell sind verspätete Rückzahlungen bei Immobilienfinanzierungen nicht ungewöhnlich, da sich der Projektablauf allein schon durch Genehmigungsverfahren verzögern kann oder kurzfristige Liquiditätsengpässe beim Projektentwickler entstehen können. Eine später als ursprünglich geplante Rückzahlung kann sich auch im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen befinden; als Investor sollte man sich daher die entsprechenden Kontrakte anschauen. Verspätete Zahlung bedeutet daher nicht zwangsläufig, dass das Investment ausfallgefährdet ist. 

Tatsächliche oder höchstwahrscheinliche Ausfälle mit Verlusten für die Investoren gab es in Frankreich bisher nur 2 – das sind 0,5% bei 394 ausgelaufenen Projekten. Im Vergleich dazu stehen 4 ausgefallene oder höchstwahrscheinlich ausgefallene Projekte in Deutschland – das entspricht einer Quote von 2,4% bei 166 ausgelaufenen Projekten.

Die größere Anzahl verspäteter französischer Projekte im Vergleich zu deutschen Investments muss nicht auf ein höheres Ausfall-Risiko hinweisen. Die höhere Transparenz im Nachbarland ist für mich sogar eher vertrauensbildend.

2.2 Track Record nach Plattform

Hier kommt jetzt der Track Record von ausgewählten Plattformen (die mit den meisten zurückgezahlten Projekten pro Markt):

Track record Plattformen
Abb. 4: Track Record in Anzahl Projekten nach Plattformen in Deutschland (DEU), Frankreich (FRA) und dem Baltikum (EST für Estland)

Die verspäteten Projekte in Frankreich verteilen sich auf zwei von vier Plattformen. Verglichen mit den beiden französischen Plattformen mit „weißer Weste“ (Clubfunding und Fundimmo) hat in Deutschland nur Exporo als nationaler Branchenprimus mehr erfolgreich zurückgezahlte Projekte aufzuweisen.
Das zeigt natürlich auch deutlich, dass die Erfolgsbilanz der einzelnen Plattformen aussagekräftiger ist als die eines gesamten Marktes. Die Plattformen sind logischerweise über die gesetzlichen Regelungen und die bestehende Kreditlandschaft an ihren lokalen Markt gekoppelt, aber sie können trotzdem sehr unterschiedlich performen. Für Fußballfans ein ganz normaler Vorgang: Auch wenn die Premier League insgesamt gesehen eine höhere Qualität als die Bundesliga haben sollte, schließt das nicht aus, dass die Top-Vereine der Bundesliga besser als so manches Premier League Team sind (wenn nicht in dieser Saison, dann halt in der nächsten!). Macht Sinn, oder?

Also schauen wir uns die Top-Plattformen der einzelnen Märkte an: Aus dieser Sicht scheinen Exporo, Clubfunding, Fundimmo und Crowdestate eine gute Wahl zu sein. Und ratet mal, auf welchen Plattformen ich unterwegs bin? Richtig, auf diesen vieren. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass Bergfürst auch ein Top-Anbieter für mich ist und ich deshalb dort auch investiert bin.

Ihr seht schon, dass ich etwas auf dem Punkt „Track Record“ herumreite – für mich als Investor ist dies tatsächlich ein elementarer Faktor bei der Entscheidungsfindung.

3. Marktreife und Stabilität

Der Crowdfunding-Markt von Immobilien ist seit 2012 in unserem Nachbarland aktiv und aktuell gibt es 35 Plattformen, über die bisher 973 Projekte mit einem Gesamtvolumen von 480 Mio. EUR finanziert wurden.
Seit 2014 erfolgt die staatliche Regulierung durch die Börsenaufsicht AMF (Autorité des Marchés Financiers) und die Finanzbehörde APCR (Autorité de contrôle prudentiel et de résolution) – letztere entspricht der deutschen BaFin. Dies soll zu einem günstigen Umfeld für die Entwicklung der Schwarmfinanzierung führen und gleichzeitig die Anleger schützen. In Europa wird Frankreich als Vorreiter bei der Regulierung des Crowdfunding- und Crowdinvesting-Marktes angesehen.
Frankreich steht zusammen mit Deutschland im Zentrum der Europäischen Union und gilt vielen daher als sicherer und stabiler Markt.

4. Qualität der Projekte

Frankreich ist auch deshalb eine gute Wahl, da zahlreiche qualitativ hochwertige Projekte finanziert werden. Das ist natürlich DAS Thema schlechthin – wie kann man die Qualität von Projekten einschätzen? Vergleichsportale und Blogger gewichten die vielen verschiedenen Faktoren sehr unterschiedlich. Jede Plattform hat sowieso ihr eigenes Bewertungssystem und einige legen dies für die Investoren offen. Das kann im Endergebnis dann so aussehen:

Beispiel Projektbewertung
Abb. 5: Beispiel Projektbewertung von Fundimmo, die 12 Einzelkriterien in die Endnote A+ bis E- einfließen lassen

Meine persönlichen Top 5 Kriterien – ja, es sind immer Top 5 :-)

  1. Segment, Größe und Lage des Projekts – ich bevorzuge bezahlbaren Wohnraum in größeren Städten gegenüber einer Villa für 10 Mio. EUR oder einen 10.000 m² Bürokomplex in einer kleineren Stadt
  2. Erfahrung des Projektentwicklers in dem Segment und am Ort des Projekts
  3. Vorverkaufsrate
  4. Projektstand – z.B. Grundstück angekauft und Baugenehmigung unanfechtbar erteilt; evtl. mit dem Bau schon begonnen
  5. Gesamtfinanzierung des Projekts – wie viel steckt der Projektentwickler selber rein? Welcher Anteil kommt von der Crowd?

Unter diesen (subjektiv von mir favorisierten) Gesichtspunkten gibt es aus meiner Sicht auf den französischen Portalen zahlreiche qualitativ hochwertige Projekte.

5. Diversifikation

Da ich anfangs hauptsächlich in Deutschland und dem Baltikum investiert war, wollte ich regional breiter streuen. In Großbritannien habe ich das dann getan, mich aber aufgrund von Währungsrisiken und Brexit später wieder davon verabschiedet. Auch in Spanien habe ich einige Erfahrungen gesammelt, lasse aber meine aktuellen Investitionen nur noch auslaufen. Das mögen einige anders sehen, aber für mich ist Frankreich definitiv die bessere Variante um regional zu diversifizieren.


Fazit

So, das waren die 5 überzeugenden Argumente, mit denen Frankreich mein Investorenherz erobert hat:

  • Hohe Rendite
  • Guter Track Record und transparente Kommunikation
  • Hohe Marktreife und Stabilität
  • Gute Qualität der Projekte
  • Sinnvolle Diversifikation zu Deutschland / Baltikum

Alle Angaben in diesem Artikel sind natürlich meine ganz persönliche Meinung und stellen somit keine Anlageempfehlung da. Aber vielleicht gibt euch das ja einen Anstoß, euch mal mit Crowdinvestments in der Grande Nation zu beschäftigen und die Vorteile für euch zu nutzen.

Résumé: Die Top-Plattformen für Immobilien-Crowdinvestments in Frankreich bieten Zinsen fast wie im Baltikum und gleichzeitig Stabilität und Qualität vergleichbar mit Deutschland. Zusätzlich wird der Track Record transparenter als auf unserem Heimatmarkt kommuniziert, insbesondere was verspätete Projekte betrifft.

Also alles gut und jetzt alle in Frankreich investieren? Dazu sollten wir uns natürlich auch die Kehrseite der Medaille anschauen. Es gibt auch Herausforderungen für Investoren: Welche Plattformen sind für deutsche Investoren überhaupt geöffnet? Kommt man auch ohne Französisch-Kenntnisse klar? Was ist bei der Registrierung und während des Investitionsprozesses zu beachten? Deswegen bin ich schon dabei, meinen nächsten Blogartikel für Juni vorzubereiten, um dies näher zu beleuchten. Das gibt euch dann einen besseren Einblick, um zu entscheiden, ob ihr euer Investorenherz auch an Frankreich verlieren möchtet. Würde mich freuen, Euch wieder als Leser zu gewinnen. Au revoir!


P.S.: Einen großen Dank an Claus, dass er mir die Gelegenheit gibt, diesen und zwei weitere Artikel auf seinem Blog zu veröffentlichen. Da ich ein blutiger Anfänger im Schreiben von Blogartikeln bin (damit sind wir wieder bei meiner Frau, die diesen Artikel unbedingt proofreaden wollte und es auch getan hat), würde ich mich riesig über ein kurzes Feedback von euch freuen. Waren die Infos für euch relevant, verständlich und interessant? Was würde euch noch interessieren bzw. was hat eventuell gefehlt? Oder vielleicht habt ihr einen Tip für mich, was ich in den nächsten Beiträgen besser machen kann? Euch wird schon was einfallen …