Neue EU-Regulierung von Crowdfunding Plattformen in 2020 – Was steckt dahinter?

In diesem Jahr wird eine neue EU-weite Regulierung von Crowdfunding Plattformen in Kraft treten. Am 18. Dezember 2019 haben sich die EU Institutionen (der Europäische Rat, die Europäische Kommission und das Europäische Parlament) auf eine Regelung geeinigt, die die Einführung eines neuen Status European Crowdfunding Service Provider (ECSP) vorsieht. Wer die Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 19. Dezember 2019 im genauen englischen Wortlaut nachlesen möchte, findet sie hier: EU rules to boost European crowdfunding platforms agreed

Die Europäische Kommission in Brüssel
Abb. 1: Die Europäische Kommission in Brüssel (Bild von Dimitris Vetsikas auf Pixabay)

Warum eine neue EU-Regulierung?

Die Europäischen Kommission nennt folgenden Hauptgrund für die neue EU-Regulierung (Übersetzung von mir):

Der EU-Markt für Crowdfunding ist im Vergleich zu anderen großen Weltmärkten unterentwickelt. Eine der größten Hürden für Crowdfunding-Plattformen, die ihre Dienste grenzüberschreitend anbieten möchten, ist das Fehlen gemeinsamer Regeln in der gesamten EU. Dies erhöht die Compliance- und Betriebskosten und verhindert, dass Crowdfunding-Plattformen expandieren. … Sobald die neue Verordnung auf EU-Ebene verabschiedet wurde, können Plattformen einen EU-Pass beantragen, der auf einem einzigen Regelwerk basiert. Dies erleichtert es ihnen, ihre Dienstleistungen in der gesamten EU anzubieten.

Der Crowdfunding Markt in der EU ist tatsächlich „unterentwickelt“ – er macht nur einen Bruchteil des Crowdfunding Markts in den USA oder in China aus. Das soll sich nach Aussage der EU Kommission ändern und dazu dient diese EU-Regulierung.

Die offizielle Webseite der Europäischen Kommission zum Thema Crowdfunding findet ihr übrigens hier, wobei die meisten Inhalte jedoch nur auf Englisch sind.

Worum geht es?

1. Zugang zum gesamten europäischen Markt erleichtern

Bisher müssen sich die Crowdfunding Plattformen in jedem EU-Land separat bei den nationalen Regulierungsbehörden registrieren lassen und damit den unterschiedlichen lokalen Anforderungen entsprechen. Das kostet viel Zeit und Geld und es schreckt so manche Plattform davon ab, in andere EU Länder zu expandieren. In Zukunft reicht eine einmalige Registrierung als European Crowdfunding Service Provider (ECSP), um in allen EU-Ländern aktiv sein zu können. Dies erschließt den Markt in 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit rund 450 Millionen Einwohnern (Zahlen natürlich bereits nach dem Brexit).

2. Investorenschutz

Investoren werden als sophisticated investor oder non sophisticated investor eingestuft, was ich am ehesten mit versierter Anleger und nicht versierter Anleger übersetzen würde. Nicht versierte Anleger werden eingehender über die Risiken informiert und gewarnt, falls ihre Investition 1.000 Euro oder 5 Prozent ihres Nettovermögens übersteigt. Außerdem werden ihnen 4 Tage zum Überdenken der Entscheidung eingeräumt (reflection period). Das liest sich für mich wie eine Widerrufsfrist, aber wir müssen wohl abwarten, wie dies von den Plattformen konkret umgesetzt werden wird.

Außerdem muss den Anlegern zu jedem Projekt ein key investment information sheet (KIIS) zur Verfügung gestellt werden. Dabei geht es insbesondere um Informationen über finanzielle Risiken, Insolvenzrisiken, Kosten und Projektauswahlkriterien.

3. Finanzierungslimit

Die Unternehmen, die als Darlehensnehmer oder Projektentwickler auftreten, können über einen Zeitraum von 12 Monaten maximal 5 Millionen Euro finanzieren lassen. Diese Grenze gilt nicht pro Projekt, sondern für alle Projekte desselben Unternehmens in einem fließenden Zeitraum von 12 Monaten.

Wann geht’s los?

Die Verordnung muss noch vom EU Wirtschaftsausschuss und dann vom gesamten EU Parlament gebilligt werden, womit im ersten Quartal 2020 zu rechnen ist. Dann steht den nationalen Regulierungsbehörden eine Übergangsfrist von 12 Monaten zur Verfügung, dies umzusetzen. Die Plattformen haben dann abermals 6 Monate Zeit, die neuen europäischen Anforderungen zu erfüllen.

Fazit

Die neue EU-Regulierung soll Crowdfunding Plattformen den Zugang zum gesamten europäischen Markt erleichtern und den Investorenschutz verbessern. Beides ist bitter nötig. Inwieweit diese Ziele mittels dieser neuen Regelungen erreicht werden, hängt jedoch wie so oft von der konkreten Umsetzung ab. Auf jeden Fall darf man gespannt sein, ob dies eine größere Dynamik in den EU Crowdfunding Markt bringt.

Wie sinnvoll ist diese neue EU-Regulierung aus Deiner Sicht? Welche Auswirkungen hat das für uns als Investoren? Ich freu mich auf Deine Meinung dazu. Schreib es einfach in die Kommentare zu diesem Beitrag.

Update 10.02.2020: Im Folgeartikel wird auf die (möglichen) Auswirkungen für Anleger näher eingegangen: Welche P2P Plattformen sind von der neuen EU-Regulierung betroffen und was ändert sich für Anleger?

5 Gedanken zu „Neue EU-Regulierung von Crowdfunding Plattformen in 2020 – Was steckt dahinter?“

  1. Sollen die Regeln denn bis zu einem Volumen von 5 Millionen Euro pro Jahr gelten oder sind die 5 Millionen tatsächlich als Obergrenze für das Sammeln von Anlegergeldern zu verstehen? Glaube in Deutschland gilt bis 2.5 Millionen pro Emmitent bei Crowdinvesting laut VermAnlG.

    Sollte es so sein müssten ja manche Darlehensanbahner bei Mintos wie Creditstar oder Mogo die Grenze bei weitem knacken..

  2. Die 5 Millionen Euro gelten pro fliessendem 12-Monats-Zeitraum. Aber diese Grenze bezieht sich auf Darlehensnehmer, nicht auf -anbahner oder -vermittler. Die EU Regulierung betrifft übrigens nur Geschäftskredite und nicht Verbraucherkredite. In einem zweiten Artikel dazu versuche ich das näher zu erläutern.

  3. Die neuen Regelungen sind ein erster Schritt. Ob sie aber ausreichen, damit das Crowdfunding endlich an Fahrt aufnehmen kann, darf bezweifelt werden. Vor allem wird zu wenige differenziert. Offensichtlich verkennen die Verantwortlichen den Unterschied zwischen Donation-based Crowdfunding und Lending-based Crowdfunding. Ich habe auf meiner Seite einen Beitrag geschrieben, der diese Thematik aufgreift https://www.kredit-markt.eu/crowdfunding/

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